Ausgangssperre wegen Corona bundesweit einheitlich geregelt

Von Dörte L.

Letzte Aktualisierung am: 6. September 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Bußgeldkatalog zur Ausgangssperre nach § 28b IfSG

Ver­stoßSank­tion
Miss­ach­tung der Aus­gangs­sperrebis zu 25.000 €
vor­sätzl­iches Miss­achten der Aus­gangs­sperre und da­durch Ver­brei­ten von CoronaGeld­strafe oder Frei­heits­stra­fe von bis zu fünf Jahren
Bisherige Regelsätze, die in einzelnen Bundesländern festgesetzt wurden (Stand: 22.04.2021 - alle Angaben ohne Gewähr):
Baden-Württemberg50 - 500 €
(Regelsatz 75 €)
Bayern500 €
Berlin50 - 100 €
Brandenburg50 - 250 €
Bremen200 €
Hamburg150 €
Niedersachsen150 €
NRW250 €
Hessen200 €
Sachsen60 €
Schleswig-Holstein100 €
Thüringen100 €

Deutschland: Mit einer Ausgangssperre gegen Corona?

Mit der umstrittenen gesetzlichen „Notbremse“ wollte die Bundesregierung eine einheitliche Ausgangssperre ermöglichen.
Mit der umstrittenen gesetzlichen „Notbremse“ wollte die Bundesregierung eine einheitliche Ausgangssperre ermöglichen.

Ausgangssperre und Kontaktverbot, beides bedeutet, dass Menschen Haus oder Wohnung nur unter bestimmten Voraussetzungen verlassen dürfen. In der Coronakrise werden beide Maßnahmen als Mittel zur Verlangsamung der Virusausbreitung angewandt. Doch was genau ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Kontaktverbot und einer Ausgangssperre aufgrund von Corona?

Welche Regelungen gelten in Bezug auf den Coronavirus und eine Ausgangssperre in Deutschland? Der nachfolgende Ratgeber befasst sich mit dieser Frage näher und erläutert, wo im Land eine Kontaktsperre gilt und warum in anderen Teilen so etwas wie eine Ausgangssperre zu beachten ist.

FAQ: Ausgangssperre wegen Corona

Gibt es eine Ausgangssperre, die bundesweit gilt?

Nein. Bundesweit geltende Ausgangssperren gibt es in Deutschland nicht. Allerdings ist am 23.4.2021 die sogenannte “Corona-Notbremse” und damit der neue § 28b Infektionsschutzgesetz in Kraft getreten. Der sieht in bestimmten Fällen eine örtlich begrenzte nächtliche Ausgangssperre vor.

Wann kommt die Ausgangssperre zur Anwendung?

Nach den neuen Regeln dürfen Menschen ab 22 Uhr ihre Wohnung nicht mehr verlassen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz von 100 in ihrer Stadt oder Kommune an drei aufeinander folgenden Tagen überschritten wird. Näheres zu der neuen Regelung lesen Sie hier.

Gibt es Ausnahmen zu dieser Ausgangssperre?

Ja, in gesundheitlichen Notfällen und zur Berufsausübung dürfen Sie die Ihre Wohnung auch nachts trotz Ausgangssperre verlassen. In diesem Abschnitt fassen wir die Ausnahmen detaillierter zusammen.

Drohen Bußgelder, wenn die Ausgangssperre missachtet wird?

Ja. Wer die in § 28b Abs. 1 Nr. 2 IfSG geregelte Ausgangssperre nicht einhält, muss laut Bußgeldkatalog zu Corona mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro rechnen.

Aktuelle News zu den Entwicklungen in der Corona-Pandemie finden Sie auf unser Infektionsschutz-Newsseite.

Coronavirus: Ist in Deutschland eine Ausgangssperre gültig?

Trotz Ausgangssperre: Der Hund darf weiterhin Gassi geführt werden.
Trotz Ausgangssperre: Der Hund darf weiterhin Gassi geführt werden.

Grundsätzlich handelt es sich bei einer Ausgangssperre um ein gesetzlich oder behördlich angeordnetes Verbot, die eigene Wohnung zu verlassen. Die Menschen müssen in ihren Unterkünften bleiben und dürfen diese nur zu bestimmten Zeiten oder aus speziellen Gründen verlassen.

Im Fall von Corona wurde in Deutschland eine Ausgangssperre diskutiert, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen bzw. zu verlangsamen. Um die dritte Welle der Pandemie zu brechen, hat der Bundesgesetzgeber die sogenannte “Bundes-Notbremse” auf den Weg gebracht – eine Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes, unter anderem um den neuen § 28b IfSG, der in Absatz 1 Nr. 2 eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 22 Uhr und 5 Uhr vorsieht, wenn …

  • in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt
  • an drei aufeinander folgenden Tagen
  • die Sieben-Tage-Inzidenz die Grenze von 100 übersteigt.
  • Die Ausgangssperre gilt dann ab dem übernächsten Tag.

Achtung! Die vom Bund neu geregelte Ausgangssperre gilt automatisch, wenn du obigen Voraussetzungen vorliegen, ohne dass es hierfür einer weiteren hoheitlichen Anordnung bedarf.

Ausnahmen und Geltungsdauer der Ausgangssperre nach § 28b IfSG

§ 28b IfSG enthält nicht nur eine Ausgangssperre: Auch Einkaufen ist aber einer Inzidenz über 100 nur noch eingeschränkt möglich.
§ 28b IfSG enthält nicht nur eine Ausgangssperre: Auch Einkaufen ist aber einer Inzidenz über 100 nur noch eingeschränkt möglich.

Allerdings sieht das Gesetz auch Ausnahmesituationen vor, in denen die Ausgangsperre nicht gilt:

  • zur “Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum“, z. B. in gesundheitliche bzw. medizinische Notfällen
  • zur Berufsausübung
  • um das eigene Sorge- oder Umgangsrecht wahrzunehmen
  • zur Versorgung von Tieren
  • aus ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Zwecken
  • für den Freizeitsport im Freien zwischen 22 und 24 Uhr, aber nicht auf Sportplätzen oder ähnlichen Anlagen – Joggen und Spazierengehen ist also bis Mittagnacht erlaubt

Zur Geltungsdauer regelt § 28b Abs. 2 IfSG Folgendes:

Unterschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt ab dem Tag nach dem Eintreten der [Ausgangssperre] an fünf aufeinander folgenden Werktagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100, so treten an dem übernächsten Tag die Maßnahmen außer Kraft. Sonn- und Feiertage unterbrechen nicht die Zählung der nach Satz 1 maßgeblichen Tage. […]

Die in § 28b IfSG enthaltenen Vorschriften gelten nur “für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“, höchstens jedoch bis zum 30. Juni 2021.

Was halten Sie von der neuen Regelung zur Ausgangssperre?

Ist die in § 28b IfSG vorgesehene Ausgangssperre verfassungswidrig?

Ausgangssperre: Ist die Rechtsgrundlage in § 28b IfSG verfassungswidrig?
Ausgangssperre: Ist die Rechtsgrundlage in § 28b IfSG verfassungswidrig?

Noch bevor das neue Gesetz zur Corona-Notbremse Bundestag und Bundesrat passierte, mehrten sich kritische Stimmen und bemängelten unter anderem, dass die darin vorgesehene nächtliche Ausgangssperre unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig sei:

  • Zum einen stellen Kritiker infrage, ob eine nächtliche Ausgangssperre überhaupt geeignet ist, die Kontakte und Infektionen einzudämmen. So könne die Inzidenzsystematik z. B. dazu führen, dass schon nach wenigen Tagen ohne Lockdown wieder ein Inzidenzwert über 100 erreicht sei, was zu einem “Jojo-Lockdown” führen könne.
  • Auch sei diese Maßnahme nicht in jedem Fall erforderlich und angemessen. So differenziert § 28b IfSG z. B. nicht zwischen infizierten, nicht infizierten und immunen bzw. bereits geimpften Menschen. Alle müssen sich daran halten, auch dann wenn sie andere nicht mehr anstecken können.
  • Wenn ein Staat in Grundrechte eingreift, dann muss er dies rechtfertigen. Die Regelung der Aussperre verkehre dieses Prinzip, weil sich derjenige, der sich nicht daran hält, rechtfertigen müsse.

Zur Frage, ob und inwieweit die nächtlichen Ausgangssperren und § 28b IfSG verfassungswidrig sind, hat das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort. Der erste Eilantrag ist bereits in Karlsruhe eingegangen. Auch die FDP, die Freien Wähler und der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post kündigten an, Verfassungsbeschwerde gegen die Neuregelung einzulegen.

Ausgangsbeschränkungen bzw. Kontaktverbot und Ausgangssperre: Wo liegt der Unterschied?

Eine Ausgangssperre wird in Deutschland in erster Linie durch die Polizei überwacht.
Eine Ausgangssperre wird in Deutschland in erster Linie durch die Polizei überwacht.

Eine bundesweit geltende Ausgangssperre aufgrund von Corona gibt es in Deutschland also nicht, sondern nur eine einheitliche Regelung, unter welchen Bedingungen das Verlassen der Wohnung verboten ist. Die Sperre gilt immer nur in den Orten, an denen der Inzidenz-Grenzwert an drei Tagen überschritten wurde. Allerdings sieht der neue § 28b IfSG in Abs. 1 Nr. 1 auch Kontaktbeschränkungen vor, wenn die oben erwähnten Voraussetzungen erfüllt sind.

In diesem Fall dürfen sich die Angehörigen eines Haushalts nur noch mit einer weiteren Person treffen, “einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres“.

Von dieser Ausgangsbeschränkung sind Lebenspartner ebenso ausgenommen wie Angehörige desselben Haushalts. Ausnahmen gelten außerdem für folgende Zusammenkünfte:

  • Treffen zur “Wahrnehmung eines Sorge- oder Umgangsrechts
  • Veranstaltungen [mit ] bis 30 Personen bei Todesfällen

Eine Aufhebung bzw. Lockerung der Ausgangsbeschränkung/Ausgangssperre tritt erst in Kraft, wenn der Inzidenzwert nach Eintritt dieser Corona-Maßnahmen an fünf aufeinanderfolgenden Werktagen wieder unter 100 sinkt. Die Grundrechtsbeschränkungen entfallen dann am übernächsten Tag.

Verstoßen Personen gegen Kontaktbeschränkungen oder Ausgangssperre bei Corona, so gilt dies als Ordnungswidrigkeit, die laut § 73 IfSG mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 Euro geahndet werden kann. Wer vorsätzlich gegen diese Regelungen verstößt und andere dadurch mit Corona infiziert, macht sich mitunter sogar strafbar. In diesem Fall würde eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren drohen.

Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine in § 73 Absatz 1 oder Absatz 1a Nummer 1 bis 7, 11 bis 20, 22, 22a, 23 oder 24 bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht und dadurch eine in § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannte Krankheit oder einen in § 7 genannten Krankheitserreger verbreitet.

Quellen und weiterführende Links

Über den Autor

Dörte
Dörte L.

Dörte studierte Anglistik und Germanistik ihre und ist seit 2016 Teil des bussgeldkatalog.org-Teams. Ihre redaktionellen Schwerpunkte liegen in Themenbereichen wie Regeln zur Schifffahrt, ausländische Verkehrsregeln oder Vorschriften für Lkw-Fahrer.

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