Betriebsgefahr beim Kfz: Welche Bedeutung hat sie für die Haftung?
Letzte Aktualisierung am: 5. September 2024
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Stellt die Nutzung eines Autos eine Gefahr dar?
Nach einem Unfall im Straßenverkehr erfolgt die Schadensregulierung laut Schadensrecht üblicherweise nach dem Prinzip des Verschuldens. Demnach muss die Partei für den Schaden aufkommen, die für die Kollision verantwortlich ist. Allerdings sieht der Gesetzgeber einen Ausnahmetatbestand vor, die sogenannte Betriebsgefahr beim Kfz.
Doch was ist unter der Betriebsgefahr zu verstehen? Welche Auswirkungen hat diese auf die Haftungsquote bei einem Verkehrsunfall? Unterscheidet sich die Betriebsgefahr bei Lkw, Pkw und Motorrad? Gibt es Fälle, in denen die Gefährdungshaftung keine Anwendung findet? Oder besteht beispielsweise die Betriebsgefahr für ein parkendes Fahrzeug? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Betriebsgefahr beim Kfz
Die Betriebsgefahr beschreibt laut Definition die Gefahr, die automatisch durch die Inbetriebnahme eines Kfz besteht. Von Bedeutung ist die Betriebsgefahr bei einem Verkehrsunfall und der anschließenden Schadensregulierung. Denn daraus ergibt sich für Halter eine verschuldungsunabhängige Haftung.
Entscheiden sich die Gerichte für ein Mitverschulden aufgrund der Betriebsgefahr beim Kfz, liegt die Haftungsquote meist bei 20 bis 25 Prozent.
Das Verkehrsrecht sieht unter anderem bei höherer Gewalt von einer Haftung aus Betriebsgefahr ab. Gleiches gilt, wenn der Unfallverursacher seine Sorgfaltspflichten in erheblichem Maße missachtet hat. Nicht zuletzt entfällt die Betriebsgefahr beim Motorrad, Fahrrad und E-Scooter.
Betriebsgefahr: Was ist das?
Die Betriebsgefahr basiert auf dem Gedanken, dass bereits der Betrieb einer Maschine zur Gefahrenquelle für die Allgemeinheit wird. Dies kann laut Verkehrsrecht etwa bei der Nutzung von Kraftfahrzeugen der Fall sein. So heißt es unter § 7 Abs. 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz) zur Betriebsgefahr:
Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Wie dieses Zitat zeigt, reicht bereits der Betrieb eines Kfz aus, um bei einem Unfall eine Haftung für entstandene Schäden zu begründen. Eine konkrete Schuld oder ein Verstoß gegen geltende Verkehrsregeln müssen demnach nicht vorliegen.
Allerdings beschränkt sich die Betriebsgefahr ausschließlich auf Kfz, ein Fahrrad ist davon also ausgenommen. Ebenso nicht betroffen sind gemäß § 8 StVG Kraftfahrzeuge, die auf einer ebenen Bahn nicht schneller als 20 km/h fahren können, also zum Beispiel ein E-Scooter.
Doch wie hoch fällt die Haftungsquote aufgrund der Betriebsgefahr bei einem Auto, Lkw oder Motorrad aus? Grundsätzlich ist eine Mithaftung in Höhe von 20 bis 25 Prozent üblich. Allerdings kommt es auch immer auf die individuellen Umstände des Zusammenstoßes an.
So fällt die Betriebsgefahr bei einem Lkw gegenüber einem Pkw in der Regel höher aus und beträgt üblicherweise 30 bis 40 Prozent. Begründen lässt sich dies mit der höheren Fahrzeugmasse und dem längeren Bremsweg. Auch bei Bussen ist deshalb von einer erhöhten Betriebsgefahr auszugehen.
Im Gegensatz dazu geht der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 1. Dezember 2009 (Az. VI ZR 221/08) bei Motorrädern nicht automatisch von einer erhöhten Betriebsgefahr aus. Eine Ausnahme besteht lediglich, wenn die höhere Instabilität des Kraftrades nachweislich zum Unfallgeschehen beigetragen hat.
Wann entfällt die Gefährdungshaftung?
Grundsätzlich besteht die Betriebsgefahr beim Kfz immer, wenn dieses in Betrieb ist. Sie muss daher bei der Schadensregulierung berücksichtigt werden. Allerdings sieht der Gesetzgeber auch Ausnahmen vor. So ist eine Ersatzpflicht ausgeschlossen, wenn das Unfallereignis auf höherer Gewalt beruht, beispielsweise wenn eine Naturkatastrophe zur Kollision führt.
Gleiches gilt, wenn zum Beispiel nach einem Autodiebstahl das Kfz ohne das Wissen und den Willen des Halters benutzt wird. In diesem Fall geht die Betriebsgefahr auf den Fahrer über, solange der Halter die Entwendung nicht durch eigenes Verschulden ermöglicht hat.
Außerdem kann im Einzelfall die Haftung aus der Betriebsgefahr unverhältnismäßig erscheinen und daher entfallen. Möglich ist dies, wenn der Unfallverursacher seine Sorgfaltspflichten in hohem Maße missachtet hat.
Übrigens! In verschiedenen Fällen haben Gerichte die Betriebsgefahr für ein stehendes Fahrzeug bestätigt. Ob eine Mitschuld vorliegt und wie hoch die Haftungsquote ausfällt, hängt nicht selten von einem ggf. vorliegenden Halte- oder Parkverstoß ab.
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