Corona: Allgemeines Versammlungsverbot in Deutschland
Letzte Aktualisierung am: 28. August 2024
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Update vom 17.04.2020: Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 15.04.2020 (Aktenzeichen: 1 BvR 828/20) eine Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes aufgehoben. Dieser hatte Demonstrationen untersagt, obwohl der Veranstalter auf die Einhaltung und Umsetzung der Corona-Schutzmaßnahmen verwies – und auch explizite Maßnahmen nannte. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass das die hessische Corona-Verordnung Versammlung nicht generell verbiete. Könnten die Schutzmaßnahmen im Einzelfall eingehalten werden, so darf eine Versammlung nicht per se untersagt werden (Grundrecht der Versammlungsfreiheit).
Versammlungen und Gruppenbildung sind nicht mehr zulässig
Jeder in Deutschland muss sich derzeit mit den verschiedensten Einschränkungen im Alltagsleben und oft auch im Beruf auseinandersetzen. Bundesweit gilt seit dem 22. März ein umfangreiches Kontaktverbot aufgrund von Corona. Ein Versammlungsverbot ist in diesem ebenso eingeschlossen wie die Aufforderung das Haus nur aus triftigen Gründen zu verlassen und einen Mindestabstand von 1,50 m zu anderen Personen einzuhalten.
Doch was bedeutet ein Versammlungsverbot aufgrund von Corona und was beinhaltet ein solches eigentlich? Der nachfolgende Ratgeber geht näher auf diese Fragen ein. Des Weiteren erfahren Sie, auf welcher rechtlichen Grundlage ein solches Verbot basiert und mit welchen Sanktionen bei Verstößen zu rechnen ist.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Corona-Versammlungsverbot
Derzeit gilt im gesamten Bundesgebiet aufgrund von Corona ein Versammlungsverbot, welches das Versammeln an öffentlichen Orten sowie in privaten Umgebungen untersagt. Dies gilt als Infektionsschutzmaßnahme.
Zunächst definiert das Infektionsschutzgesetz (IfSG), dass der Staat bzw. die Bundesländer Maßnahmen zur Eindämmung von ansteckenden Krankheiten ergreifen können und dürfen. Die jeweiligen Landesverordnungen bestimmten dann, ob ein Versammlungsverbot als Maßnahme angeordnet wird.
Gemäß den Vorgaben des IfSG sowie den länderspezifischen Corona-Bußgeldkatalogen werden Verstöße gegen das Versammlungsverbot in der Regel mit Bußgeldern geahndet. Wie hoch diese ausfallen können, erfahren Sie hier.
Was ist unter einem Versammlungsverbot zu verstehen?
Grundsätzlich ist ein Versammlungsverbot eine gerichtliche, polizeiliche oder behördliche Maßnahme, welche das Versammeln unter freiem Himmel sowie an öffentlichen Orten untersagt. Ein solches Verbot kann in Deutschland nicht ohne weiteres ausgesprochen werden, sondern bedarf immer einer Rechtfertigung. Im Fall von Corona ist ein Verbot über die Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz gerechtfertigt und dient der Eindämmung des Coronavirus. Das Versammlungsverbot schränkt die Rechte nach Artikel 8 Abs. 1 im Grundgesetz und somit die Versammlungsfreiheit ein.
Da die Coronakrise einen besonderen Einzelfall darstellt und das Corona-Versammlungsverbot nicht durch ein Bundesgesetz generell erteilt ist, kann es für den Zeitraum der Krise angeordnet werden. Dies bestätigte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einer Entscheidung vom 20.03.2020 (BVerfG, 20.03.2020, Az.: 1 BvR 661/20).
Das Versammlungsverbot aufgrund vom Coronavirus umfasst nicht nur ein Verbot von Demonstrationen, sondern auch das Bilden von Gruppen von mehr als zwei Personen, wenn diese nicht zu einem Haushalt gehören. Versammlungen von mehreren haushaltsfremder Menschen sind also unter freiem Himmel und an öffentlichen Orten nicht zulässig.
Rechtliche Grundlagen für das Corona-Versammlungsverbot
Wie zuvor bereits erwähnt, bedarf ein Versammlungsverbot immer einer Begründung. Die gesetzliche Grundlage für eine solche Maßnahme bildet unter anderem das Infektionsschutzgesetz. In diesem ist definiert, dass die Landesregierungen Maßnahmen anordnen können, die dazu dienen, übertragbare Krankheiten einzudämmen bzw. deren Ausbruch zu verhindern. Bei Corona soll ein Versammlungsverbot eben dazu beitragen, die Ausbreitung der Infektion zu verlangsamen und so das Risiko einer Überlastung des Gesundheitssystems zu minimieren.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist § 17 IfSG, der die Befugnisse der jeweiligen Landesregierungen definiert. Demnach sind die Bundesländer ermächtigt, Rechtsverordnungen zu erlassen, welche die speziellen Maßnahmen zur Eindämmungen festlegen:
Die Landesregierungen werden ermächtigt, unter den nach § 16 sowie nach Absatz 1 maßgebenden Voraussetzungen durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Verhütung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Sie können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen.
Das bei einer ansteckenden Krankheit wie Corona auch ein Versammlungsverbot zu diesen Maßnahmen zählen kann, ist unter anderem dann in § 28 IfSG bestimmt. Die Länder dürfen in den Verordnungen also zeitweise Versammlungsverbot aussprechen:
Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) werden insoweit eingeschränkt.
Mit welchen Sanktionen ist bei Verstößen zu rechnen?
Verstoßen Personen bei Corona gegen das Versammlungsverbot wird das in der Regel als Ordnungswidrigkeit angesehen. Entsprechend müssen sie dann mit einem Bußgeld rechnen.
Die Höhe wird durch die Bundesländer bestimmt und ist in den Bußgeldkatalogen festgehalten. Wird allerdings von einem vorsätzlichen Verhalten ausgegangen, kann durchaus auch eine Straftat vorliegen, die gemäß § 75 IfSG mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet wird.
Nachfolgend finden Sie die möglichen Sanktionen in Deutschland:
Verstoß | Sanktion |
---|---|
Ordnungswidrigkeit nach § 73 Absatz 2 IfSG (Rechtsverordnung zum Infektionsschutz missachtet) | bis 2.500 Euro |
Straftat nach § 74 IfSG (vorsätzlich zur Ausbreitung einer Krankheit beigetragen, z.B. durch Missachtung des Versammlungsverbots) | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren |
Baden-Württemberg | 100 bis 1.000 EUR |
Bayern | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (bis zu einem Jahr bei Fahrlässigkeit) |
Berlin | 50 bis 500 EUR |
Brandenburg | 50 bis 500 EUR |
Bremen | 50 bis 250 EUR |
Hamburg | 150 EUR |
Hessen | 200 EUR |
Niedersachsen | ab 200 EUR |
Mecklenburg-Vorpommern | 400 EUR |
NRW | 250 bis 400 EUR |
Rheinland-Pfalz | 200 EUR |
Saarland | 200 bis 400 EUR |
Sachsen | 500 bis 1.000 EUR |
Sachsen-Anhalt | 250 EUR |
Schleswig-Holstein | 150 bis 500 EUR |
Thüringen | 200 bis 400 EUR |
Die Corona-Bußgeldkataloge der einzelnen Bundesländer:
- Corona-Bußgeldkatalog für Baden-Württemberg
- Corona-Bußgeldkatalog für Bayern
- Corona-Bußgeldkatalog für Berlin
- Corona-Bußgeldkatalog für Brandenburg
- Corona-Bußgeldkatalog für Bremen
- Corona-Bußgeldkatalog für Hamburg
- Corona-Bußgeldkatalog für Hessen
- Corona-Bußgeldkatalog für Niedersachsen
- Corona-Bußgeldkatalog für Mecklenburg-Vorpommern
- Corona-Bußgeldkatalog für NRW
- Corona-Bußgeldkatalog für Rheinland-Pfalz
- Corona-Bußgeldkatalog für das Saarland
- Corona-Bußgeldkatalog für Sachsen
- Corona-Bußgeldkatalog für Sachsen-Anhalt
- Corona-Bußgeldkatalog für Schleswig-Holstein
- Corona-Bußgeldkatalog für Thüringen
Bildnachweise: depositphotos.com/cascoly, depositphotos.com/ChiccoDodiFC, fotolia.com/© chalabala, istockphoto.com/Vladstudioraw
Quellen und weiterführende Links
- bundesregierung.de
- bundesverfassungsgericht.de (Entscheidung vom 20.03.2020)
- gesetze-im-internet.de/ifsg/
- Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 16.04.2020