Ist ein Diesel-Fahrverbot auch für Behinderte gültig?
Letzte Aktualisierung am: 5. September 2024
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Viele Menschen mit Behinderung sind zwingend auf ein Kfz angewiesen
Laut § 1 Abs. 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) muss Menschen mit Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gewährleistet werden. Des Weiteren soll ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht werden.
Damit dies erreicht werden kann, sind viele Menschen mit Behinderung auf ein Fahrzeug angewiesen. Sie benötigen den fahrbaren Untersatz zum Beispiel zwingend dafür, um Arzttermine wahrnehmen, Freunde besuchen oder die Arbeitsstätte erreichen zu können. In vielen Fällen können Menschen mit Behinderung weiterhin selbst ein Kfz steuern. Dafür können aber teils aufwendige Umbauten am Fahrzeug nötig werden.
Wiederum andere sind darauf angewiesen, mit einem herkömmlichen oder auf ihre Einschränkungen angepassten Fahrzeug gefahren zu werden. Drohende Fahrverbote für Diesel-Kfz in einigen Städten Deutschlands sind für viele Betroffene nun ein Grund zur Sorge: Gilt ein Diesel-Fahrverbot auch für behinderte Menschen?
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Diesel-Fahrverbot für Behinderte
Für Behinderte gelten unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen beim Diesel-Fahrverbot. Sie dürfen trotz des Verbots mit einem Dieselfahrzeug fahren, das nicht die geforderte Abgasnorm erfüllt.
Behinderte sind nicht vom Diesel-Fahrverbot in Städten betroffen, wenn sie einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen aG, H oder Bl besitzen.
Die Ausnahmeregelungen für Behinderte und andere Personengruppen gibt es derzeit überall dort, wo Diesel-Fahrverbote bereits in Kraft getreten sind.
Was ist grundsätzlich bezüglich der Diesel-Fahrverbote zu beachten?
Deutsche Städte sind dazu verpflichtet, gewisse von der EU festgelegte Grenzwerte hinsichtlich der Luftqualität einzuhalten. Werden zu große Mengen an bestimmten Schadstoffen in der Luft festgestellt, müssen die Städte Maßnahmen ergreifen, um die Situation zu verbessern. Fahrverbote für bestimmte Diesel-Fahrzeuge werden in diesem Zusammenhang oft ins Gespräch gebracht.
Bevor wir uns mit dem Thema, ob ein Diesel-Fahrverbot auch für Behinderte einzuhalten ist, beschäftigen können, wollen wir zunächst klären, wie die Lage in Deutschland überhaupt aussieht. Im März 2019 sind erst zwei Fahrverbote für bestimmte Fahrzeuge in Kraft: in Hamburg und in Stuttgart.
In Hamburg dürfen Diesel-Fahrzeuge der Abgasnormen Euro 1 bis Euro 4 zwei Straßenabschnitte nicht mehr befahren. In Stuttgart umfasst die Verbotszone die gesamte Stadt inklusive der 23 Stadtbezirke. Betroffen sind sowohl Pkw als auch Lkw der Abgasnorm Euro 5 und schlechter.
In den folgenden Städten könnten noch in diesem Jahr Diesel-Fahrverbote eingerichtet werden:
- Bonn
- Köln
- Darmstadt
- Berlin
- Essen
- Gelsenkirchen
- Mainz
Momentane Lage in puncto Diesel-Fahrverbot: Sind Ausnahmen bei einer Behinderung gültig?
Wie bereits erwähnt, sind Fahrverbote für Fahrzeuge, die eine gewisse Abgasnorm nicht einhalten, bislang nur in Berlin, Darmstadt, Hamburg und Stuttgart in Kraft (Stand Mai 2021). Sind dort vom Diesel-Fahrverbot auch Behinderte betroffen?
Bereits vor Einführung der ersten Verbotszonen in Hamburg hatte etwa der Sozialverband VdK Folgendes gefordert: Beim Diesel-Fahrverbot müsse es Ausnahmen für behinderte Menschen geben. Viele von ihnen seien auf speziell umgebaute Behindertenfahrzeuge angewiesen. Der Eintausch eines solchen Fahrzeugs gegen ein moderneres Modell, welches die neue Abgasnorm Euro 6 oder besser erfülle, sei für die meisten Betroffenen finanziell nicht zu stemmen.
Zwar bieten verschiedene Autohersteller momentan eine Umweltprämie beim Kauf eines sauberen Neuwagens an, doch leider sind diese Angebote in der Regel nicht für Behindertenfahrzeuge oder einen behindertengerechten Umbau gültig.
Wie verhält es sich nun in der Realität? Sowohl in Hamburg als auch in Stuttgart gilt in puncto Diesel-Fahrverbot: Für Behinderte gelten generelle Ausnahmen, insofern gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Diese richten sich nach den Vorgaben, die auch für das Befahren einer Umweltzone gültig sind (siehe Anhang 3 zum 35. BImSchV).
Es gilt also Folgendes: Auch mit einem Diesel-Fahrzeug, welches nicht die geforderte Abgasnorm einhält, sind Fahrten von Menschen mit Behinderung erlaubt. Dafür müssen sie jedoch über einen Schwerbehindertenausweis mit einem der folgenden Merkzeichen verfügen:
- aG (außergewöhnliche Gehbehinderung): Von einer außergewöhnlichen Gehbehinderung wird gesprochen, wenn Personen sich etwa dauerhaft nur unter großer Anstrengung oder mit fremder Hilfe außerhalb ihres Kfz bewegen können.
- H (hilflos): Dabei handelt es sich um Menschen, die nicht nur vorübergehend im Tagesablauf auf fremde Hilfe angewiesen sind, um ihre persönliche Existenz zu sichern.
- Bl (blind): Eine blinde Person sieht weniger als zwei Prozent dessen, was ein normal sehender Mensch erkennt.
Diesel-Fahrverbot für Behinderte: Womit ist in anderen Städten zu rechnen?
Auch in anderen Städten, wie beispielsweise Darmstadt und Berlin, droht ein Diesel-Fahrverbot. Womit müssen Menschen mit Behinderung hier rechnen? Grundsätzlich gilt, dass jede Stadt selbst festlegen kann, ob sie Ausnahmeregelungen erlässt.
Es ist jedoch auch in diesen Städten zu erwarten, dass es für bestimmte Personengruppen, wie etwa Anwohner, Handwerker oder Behinderte, Sonderregelungen geben wird. Es ist wahrscheinlich davon auszugehen, dass sich auch andere Städte hinsichtlich der Ausnahmen für Behinderte an den Regelungen für bestehende Umweltzonen orientieren werden.
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Hallo,
meine Frau ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Wir wären also vom Fahrverbot nicht betroffen.
Was ist jetzt, wenn meine Frau z.B. nicht mitfährt? Ich kann mir doch für solche Fälle kein zweites Auto zulegen.
Gruß
Andreas
Ich bedanke mich auch herzlich für den 1-A-Artikel. Hat mir sehr weitergeholfen. :-)
Danke sehr ! Sehr sauber recherchiert und hervorragend für den Leser dargelegt. Eine wirkliche Hilfe,