„Eilige Arzneimittel”: Was hat es mit diesem Schild im Auto auf sich?
Letzte Aktualisierung am: 15. September 2024
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FAQ: Eilige Arzneimittel
Das Schild „Eilige Arzneimittel” bzw. „Eilige Medikamente” allein hat keinerlei rechtliche Bewandtnis. Fahrzeuge mit einem solchen Schild genießen keinen besonderen Status und können auch nicht die Sonderrechte gemäß § 35 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) wahrnehmen. Eventuell besteht zwar die Möglichkeit, eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 StVO zu erhalten, diese hat jedoch nichts mit dem „Eilige Arzneimittel”-Schild zu tun.
Kurierfahrer im Allgemeinen sind oft versucht, bestimmte Verkehrsregeln wie z. B. Halteverbote zu ignorieren, um ihre Lieferaufträge möglichst schnell erledigen zu können. Arzneimittel-Kuriere erhoffen sich durch ein solches Schild Verständnis von anderen Verkehrsteilnehmern und Kulanz von den Ordnungshütern.
„Eilige Arzneimittel”-Fahrer sind gewöhnliche Kurierfahrer, die keine speziellen Anforderungen erfüllen müssen. In der Regel reicht ein Pkw-Führerschein aus. Durchforsten Sie die Stellenanzeigen Ihres Wohnortes, ob in Ihrer Nähe ein Arzneimittel-Kurier gesucht wird.
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Verkehrssünder: Ein „Eilige Arzneimittel”-Aufkleber ist kein Freifahrtschein
Kurierfahrer stehen häufig unter Zeitdruck. Wenn viele Lieferaufträge in kurzer Zeit erledigt werden sollen, ist die Versuchung groß, es mit einigen Verkehrsregeln nicht allzu genau zu nehmen. Dann werden schon einmal Geschwindigkeitsbeschränkungen, Überholverbote und vor allem Halt- und Parkverbote ignoriert, was andere Verkehrsteilnehmer oft zu recht verärgert. Bei vielen verflüchtigt sich der Ärger jedoch, wenn sie ein Schild mit der Aufschrift „Eilige Arzneimittel” im Kurierfahrzeug entdecken. Hier werden anscheinend dringend benötigte Medikamente ausgeliefert und es kommt auf jede Sekunde an. Der Fahrer besitzt also zweifellos eine Sondererlaubnis, um die Verkehrsregeln missachten zu können, nicht wahr?
Tatsächlich ist dies ein Irrtum. Ein „Eilige Arzneimittel”-Schild kann frei im Handel erworben und von absolut jedem ins Fahrzeug gestellt werden – egal ob er wirklich Medikamente ausliefert oder nicht. Das Schild selbst hat keinerlei rechtliche Bewandtnis und erlaubt nicht automatisch das Parken im Halteverbot oder anderweitige Sonderrechte, wie sie z. B. Rettungsfahrzeuge besitzen.
Es besteht aber die Möglichkeit, dass der Kurierfahrer eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 StVO besitzt. Eine solche wird in Einzelfällen ausgestellt und kann den Fahrzeugführer z. B. von Halt- und Parkverboten ausnehmen. Ein „Eilige Arzneimittel”-Schild lässt jedoch keinerlei Rückschlüsse zu, ob eine solche Ausnahmegenehmigung wirklich vorliegt.
Sind „Eilige Arzneimittel” nur eine Ausrede?
Offiziell mögen Arzneimittel-Fahrer keinen Sonderstatus innehaben, aber ist es nicht trotzdem angebracht, ihnen Verständnis und Kulanz entgegenzubringen? Immerhin ist es ja möglich, dass das gelieferte Medikament wirklich dringend benötigt wird, oder? Dies ist zwar richtig, doch in einem echten Notfall, in dem es wirklich auf jede Sekunde ankommt, sollte ohnehin lieber ein Rettungswagen gerufen werden. Handelt es sich hingegen um keinen Notfall, sind die „eiligen Medikamente” meist eben doch nicht so eilig – zumindest nicht eilig genug, um eine Missachtung der Verkehrsregeln zu rechtfertigen.
Selbst wenn Kunden bei ihrer Apotheke anrufen und eilige Arzneimittel bestellen, können sie üblicherweise nicht erwarten, dass diese binnen weniger Minuten geliefert werden. In der Regel haben auch Apotheken-Kuriere ihre festen Lieferzeiten. Der Kunde muss deshalb meist warten, bis der Kurier auf seiner üblichen Route bei ihm vorbeikommt, was durchaus einige Stunden in Anspruch nehmen kann. Und wie bei jeder anderen Lieferung auch sind Verspätungen hier keine Seltenheit. Inwiefern der Hinweis „Eilige Arzneimittel” in solchen Fällen zutrifft, ist also fraglich.
Das heißt aber natürlich nicht, dass jedes Schild dieser Art blanker Hohn ist. Gerade Medikamente, bei denen die Einhaltung der Kühlkette entscheidend ist, werden häufig mit der gebotenen Eile geliefert. Dafür lässt sich der Fahrer aber meist eben auch eine entsprechende Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 StVO erteilen.