Bußgeldkatalog von Europa: Existieren einheitliche Regelungen?
Letzte Aktualisierung am: 11. September 2024
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Gemeinsame Vorschriften für mehr Verkehrssicherheit?
Wird in den Medien von „Europa“ gesprochen, haben wir häufig eine klare Vorstellung, was mit dieser Bezeichnung gemeint ist. Dabei lässt sich dieser Begriff gar nicht so einfach definieren. Zum einen handelt es sich bei Europa um einen Subkontinent, auf dem etwa 50 Länder liegen. Zum andere wird „Europa“ häufig als Synonym für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) verwendet. Aktuell umfasst der Verbund 28 Mitgliedsstaaten.
Insbesondere die Bestrebungen der EU führen dazu, dass Europa immer weiter zusammenwächst und starre Grenzen verschwinden. Zudem sollen einheitliche Vorschriften in der EU unter anderem für mehr Sicherheit im Verkehr sorgen.
Doch gibt es bereits einen einheitlichen Bußgeldkatalog für Europa? Auf welche Regelungen haben sich die Mitgliedsstaaten der EU verständigt? Und lassen sich Bußgelder und Strafzettel in Europa grenzüberschreitend vollstrecken? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Bußgeldkatalog in Europa
Nein. Einen einheitlichen Bußgeldkatalog für ganz Europa oder für die gesamte EU gibt es aktuell nicht.
Doch. Einzelne Mitgliedstaaten der EU können sich beispielsweise auf gemeinsame Richtlinien verständigen, die dann im nationalen Recht umgesetzt werden.
Nein. Wie unterschiedlich Bußgelder für den gleichen Verkehrsverstoß ausfallen können, erfahren Sie in dieser beispielhaften Tabelle.
Details zur den Bußgeldern in der EU
Vereintes Europa?
Europa bzw. die EU treten nach außen gerne als Einheit auf, denn dies führt insbesondere bei Verhandlungen mit Weltmächten zur Stärkung der eigenen Position. Dennoch handelt es sich bei den Mitgliedern der EU um Staaten, mit unterschiedlichen Regierungssystemen, Gesetzen und politischen Sichtweisen. Weshalb gemeinsame Verkehrsregeln oder einen einheitlichen Bußgeldkatalog in Europa nicht existieren.
Allerdings verständigen sich die einzelnen Mitgliedsstaaten regelmäßig auf gemeinsame Richtlinien, die in das jeweilige nationale Recht umgewandelt werden und somit Einzug in die Bußgeldkataloge der EU-Staaten finden. Diese gemeinsamen Regelungen ließen sich somit vereinfacht als europäische Verkehrsregeln verstehen, sodass bei Verstößen Sanktionen durch einen Bußgeldkatalog aus Europa drohen können. Um welche Regelungen es sich dabei im Einzelnen handelt, beleuchten wir im nachfolgenden Abschnitt.
Darüber hinaus können Vereinbarungen zu verkehrsrechtlichen Themen auch auf internationaler Ebene entstehen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Wiener Übereinkommen über Verkehrszeichen vom 08. November 1968. Dieses wurde mit dem Ziel abgeschlossen, die Verkehrszeichen für den Straßenverkehr international zu vereinheitlichen. Zum aktuellen Zeitpunkt beteiligen sich 69 Länder weltweit am Wiener Übereinkommen.
EU-Richtlinien im Verkehrsrecht
Seit dem Bestehen der EU wurden immer wieder Richtlinien erlassen, welche die Sicherheit im Straßenverkehr verbessern und in allen Mitgliedsstaaten für einheitliche Mindeststandards sorgen sollen. Das bedeutet, dass jeder Bußgeldkatalog in Europa bzw. der EU entsprechende Verstöße sanktioniert.
So bildet die Richtlinie 2003/20/EG vom 08. April 2003 die Grundlage für eine europaweite Gurtpflicht. Die Richtlinie schreibt außerdem die Benutzung von Kinderrückhaltesystemen – umgangssprachlich als Kindersitz bezeichnet – vor. Darüber hinaus definieren die Mitgliedsstaaten der EU unter anderem mit der Norm ECE-R129 einheitliche Standards für vorschriftsgemäße Autokindersitze.
Gemäß der Richtlinie 2008/89/EG vom 24. September 2008 müssen seit 2011 alle in der EU neu zugelassenen Pkw und seit 2012 alle Lkw, serienmäßig mit Tagfahrlicht ausgestattet sein. Allerdings gelten ansonsten in den europäischen Ländern sehr unterschiedliche Regelungen zur Verwendung des Tagfahrlichts. Daher enthält nicht jeder Bußgeldkatalog in Europa Bußgelder für einen Verstoß gegen die Lichtpflicht.
Auch der verpflichtende Einbau des automatischen Notrufsystems für Kraftfahrzeuge „eCall“ geht auf eine Richtlinie der EU zurück. Gemäß der Richtlinie 2007/46/EG müssen die Hersteller das System seit dem 31. März 2018 in alle neuen Modelle von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen einbauen. Laut EU-Kommission können dadurch jedes Jahr 2.500 Menschenleben gerettet werden, für die ansonsten die Rettungskräfte nach einem Unfall zu spät kämen.
Drohen einheitliche Bußgelder in Europa?
Verstoßen Sie gegen die Verkehrsregeln eines europäischen Staates, müssen Sie in der Regel mit Sanktionen gemäß Bußgeldkatalog rechnen. In Europa gelten dabei keine einheitlichen Bußgelder, stattdessen können die jeweiligen Länder hierbei eine Gewichtung vornehmen und zum Beispiel die Ursachen für steigende Unfallzahlen strenger sanktionieren.
Wie sehr sich die Geldsanktionen gemäß Bußgeldkatalog in Europa unterscheiden können, zeigt auch die nachfolgende Tabelle. Hierbei haben wir für beliebte europäische Urlaubsländer die Bußgelder für die Tatbestände „Rotlichtverstoß“ und „Verstoß gegen die Gurtpflicht“ gegenübergestellt.
Land | Rotlichtverstoß | Verstoß gegen die Gurtpflicht |
---|---|---|
Belgien | ab 165 € | ab 110 € |
Dänemark | 270 € | 200 € |
Finnland | ab 10 Tagessätzen | 70 € |
Frankreich | ab 135 € | ab 135 € |
Griechenland | 700 € | 350 € |
Italien | ab 170 € | ab 80 € |
Niederlande | 230 € | 140 € |
Polen | ab 60 € | 25 € |
Portugal | ab 120 € | ab 60 € |
Spanien | ab 200 € | ab 60 € |
Bereits anhand dieser kleinen Übersicht wird deutlich, wie sehr sich ein Bußgeldkatalog in Europa von einem anderen unterscheiden kann. So zieht das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes in Polen nur ein Bußgeld in Höhe von 25 Euro nach sich, wohingegen in Griechenland 350 fällig sind.
Zudem machen einige Staaten die Höhe der Verkehrsstrafen in Europa auch vom Einkommen des Verkehrssünders abhängig. Diese Option besteht unter anderem in Finnland, Dänemark und in der Schweiz. Anwendung findet dieses Vorgehen insbesondere beim Tatbestand „Alkohol am Steuer“.
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Bußgeld in Europa: Ist eine Vollstreckung grenzüberschreitend möglich?
Verstoßen deutsche Autofahrer im Ausland gegen die Verkehrsregeln des jeweiligen Urlaubslandes, stellen sich die Betroffenen nicht selten die Frage, ob auch für sie die vorgesehenen Sanktionen gelten.
Grundsätzlich gilt: Führen Sie in einem Land ein Auto, sind Sie dazu verpflichtet, sich an die dort geltenden Vorschriften zu halten. Beachten Sie diese nicht, müssen Sie mit den Sanktionen rechnen, welche ein Bußgeldkatalog in Europa oder einem anderen Land der Welt vorsieht.
Allerdings lässt sich ein Bußgeldbescheid aus dem Ausland nicht immer in Deutschland vollstrecken. Denn hierfür ist ein entsprechendes Übereinkommen notwendig. Eine entsprechende Regelung haben die Mitglieder der EU getroffen, sodass der EU-Rahmenbeschluss zur Geldsanktionenvollstreckung (RBGeld) eine grenzüberschreitende Durchsetzung von Bußgeldern innerhalb EU ermöglicht.
Damit die Möglichkeit besteht, Sanktionen gemäß Bußgeldkatalog in Europa zu vollstrecken, müssen sich diese aber mindestens auf 70 Euro belaufen. Das Erreichen diese Bagatellgrenze ist aber auch durch Mahngebühren und Verfahrenskosten möglich.
Die Vollstreckung ist dabei ausschließlich bei Geldsanktionen möglich. Sieht ein EU-Bußgeldkatalog Eintragungen in einer Punktekartei oder ein Fahrverbot vor, lassen sich diese nur im jeweiligen Land, in welchem sich der Verstoß ereignet hat, geltend machen.