Fahrlässige Tötung: Wie wird Fahrlässigkeit nach § 222 StGB bestraft?
Letzte Aktualisierung am: 22. August 2024
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Was ist fahrlässige Tötung? Eine Definition
Fahrlässigkeit in Verbindung mit einer Straftat wie einer Tötung kommt besonders häufig im Straßenverkehr vor. Laut Strafgesetzbuch (StGB) kann dieses Delikt nicht nur durch eine Geldstrafe, sondern auch durch eine mehrjährige Freiheitsstrafe sanktioniert werden.
Fahrlässige Tötung liegt dann vor, wenn ein Mensch aufgrund der Missachtung seiner Sorgfaltspflicht den Tod eines anderen provoziert.
Im Straßenverkehr kann dies beispielsweise bei einem Verkehrsunfall, der aufgrund einer Nicht-Beachtung von Verkehrsregeln wie eines Überholen im Überholverbot verursacht wurde, vorkommen. Aber was bedeutet fahrlässige Tötung laut Strafgesetzbuch genau und wann ist diese – besonders im Straßenverkehr – gegeben?
Welche Strafe ist bei fahrlässiger Tötung vorgesehen? Und gilt bei einem Unfall mit Todesfolge unter Alkohol ein anderes Strafmaß? Lesen Sie im folgenden Ratgeber mehr zum Thema „fahrlässige Tötung“
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr
Wer (fahrlässig) gegen Verkehrsregeln verstößt und dadurch einen tödlichen Unfall verursacht, macht sich gewöhnlich wegen fahrlässiger Tötung strafbar.
Das Strafgericht kann eine Geldstrafe verhängen oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre. Welche Strafe es letztlich verhängt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Unter Umständen kann das Gericht ein Fahrverbot verhängen oder gar die Fahrerlaubnis entziehen, beispielsweise wenn Alkohol oder Drogen im Spiel waren oder der Fahrer schon wiederholt wegen ähnlicher Verstöße aufgefallen ist.
Wie sieht das Strafmaß für eine fahrlässige Tötung aus?
Wie bereits erwähnt, ist eine fahrlässige Tötung eine Straftat und wird somit nach dem Strafgesetzbuch geahndet. Fahrlässige Tötung gehört demnach zu den „Straftaten gegen das Leben“, auf die laut § 222 StGB die folgende Strafe steht:
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Was ist in diesem Zusammenhang allerdings mit Fahrlässigkeit laut § 222 StGB gemeint? Fahrlässig handelt eine Person dann, wenn diese ihre Sorgfaltspflicht außer Acht lässt. In Bezug auf eine Fahrlässigkeit im Straßenverkehr bedeutet dies, dass beispielsweise eine Verkehrsregel nicht beachtet wurde. Demnach grenzt sich das fahrlässige Handeln deutlich vom vorsätzlichen Tun ab, das vielmehr genau das Gegenteil bedeutet und eine aktive Entscheidung für die entsprechende Aktion meint.
“Straftaten gegen das Leben“: Neben der fahrlässigen Tötung fallen auch weitere Straftatbestände unter die in den §§ 211 ff. des Strafgesetzbuches gesammelten Straftaten. Dazu gehören unter anderem Mord und Totschlag oder auch ein Schwangerschaftsabbruch, der nicht unter die straflosen Bedingungen nach § 218a des StGB fällt. Diese Taten werden auch Tötungsdelikte genannt.
Bewusste und unbewusste Fahrlässigkeit
Besonders im Hinblick auf die Beweggründe der fahrlässigen Tötung ist eine Unterscheidung zwischen bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit vonnöten. Aber wie unterscheiden sich die beiden Begrifflichkeiten im Strafrecht genau?
- Bewusste Fahrlässigkeit: Bei einer bewussten Fahrlässigkeit begeht eine Person eine Straftat, bei der sie hofft, dass die Folgen, über die sich die betreffende Person bewusst ist, nicht eintreffen werden. Bei der bewussten Fahrlässigkeit muss darauf geachtet werden, dass eine strikte Grenze zur vorsätzlichen Handlung nicht überschritten werden darf, nämlich, dass keine billigende Inkaufnahme stattfindet.
- Unbewusste Fahrlässigkeit: Begeht eine Person die besagte Straftat unbewusst, also ohne zu wissen, dass ein Straftatbestand vorliegt, so ist von einer unbewussten Fahrlässigkeit die Rede. Es ist davon auszugehen, dass die Person jedoch aufgrund geistiger Fähigkeiten durchaus dazu in der Lage wäre, die Straftat und deren mögliche Folgen zu erkennen.
Versuchte bzw. grob fahrlässige Tötung
Im Dschungel der Strafrechtsbegriffe finden sich auch immer wieder Fragen danach, ob es eine versuchte fahrlässige Tötung laut § 222 des StGB ebenfalls gibt und ob sich die Strafe für eine fahrlässige Tötung von der für eine grob fahrlässige unterscheidet. Zunächst soll klargestellt werden, dass eine versuchte Fahrlässigkeit – egal ob im Hinblick auf eine Tötung oder in anderen Kausalzusammenhängen – nicht stattfinden kann. Denn: Handelt eine Person fahrlässig, kann ein Vorsatz ausgeschlossen werden. Wagt jedoch jemand einen Versuch, etwas Bestimmtes zu tun, so geschieht dies vorsätzlich. Der Versuch einer fahrlässigen Tötung ist demnach kein Tatbestand nach dem StGB.
Eine grob fahrlässige Tötung hingegen ist möglich und unterscheidet sich hierbei von einer einfachen bzw. leichten fahrlässigen Tötung. Die entscheidenden Unterscheidungsmerkmale liegen sowohl in der Definition der Fahrlässigkeit als auch im Anwendungsbereich. Eine Unterscheidung dieser Formen der Fahrlässigkeit ist im Privatrecht gebräuchlich. Im Strafrecht hingegen wird zwischen der oben genannten bewussten bzw. unbewussten Fahrlässigkeit unterschieden.
Im Straßenverkehr liegt eine einfache Fahrlässigkeit vor, wenn die Sorgfalt außer Acht gelassen wurde. Das kann beispielsweise dann sein, wenn beim Ausparken ein anderes Auto oder ein Pfeiler übersehen und gerammt wurde. Eine grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn sich ein Autofahrer zum Beispiel betrunken hinter das Steuer seines Wagens setzt. Provoziert er durch seine durch den Alkoholrausch unsichere Autofahrt einen Unfall, bei dem eine Person tödlich verletzt wird, ist hierbei von einer grob fahrlässigen Tötung die Rede. Bei der Beurteilung vom Strafmaß für die fahrlässige Tötung nach dem StGB ist die Unterscheidung zwischen unbewusster bzw. einfacher und bewusster (sprich: grober) Fahrlässigkeit ausschlaggebend.
Unterschied zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz
Abzugrenzen ist demnach zusätzlich das fahrlässige Handeln von dem des Vorsatzes. Denn: Das eine schließt das andere normalerweise aus. Vorsatz im Strafrecht bedeutet, dass der Täter sich der Tat und ihrer Folgen bewusst ist – also auch darüber Bescheid weiß, dass die Tat durchaus strafrechtliche Folgen haben kann.
Zusätzlich wird allerdings zwischen drei verschiedenen Formen des Vorsatzes unterschieden: der Absicht, dem direkten Vorsatz und dem Eventualvorsatz.
Aber was bedeuten diese Abstufungen im Detail?
- Absicht: Der Täter hat einen Willen, der das Ziel, den Tatbestand hervorzurufen, verfolgt.
- Direkter Vorsatz: Ein direkter Vorsatz liegt vor, wenn der Täter sich dem Erfolg seiner Tat so bewusst ist, dass er diesen wissentlich durch sein Handeln hervorruft. Auch über den Bestand einer Straftat ist er sich dabei im Klaren.
- Eventualvorsatz: Auch bedingter Vorsatz genannt. Hierbei muss der Täter den Erfolg seiner Tat gekannt und wissentlich in Kauf genommen haben. Der Eventualvorsatz ist für die Anklage eines vorsätzlichen Handelns ausreichend.
Was ist der Unterschied zwischen fahrlässiger Tötung, Körperverletzung mit Todesfolge und Totschlag?
Bei Straftatbeständen muss grundsätzlich zwischen verschiedenen Delikten unterschieden werden. Einige, die schwer voneinander abzugrenzen sind, liegen beispielsweise bei der Tötung, dem Totschlag oder einer Körperverletzung mit Todesfolge vor. Eine Körperverletzung mit Todesfolge ist dann gegeben, wenn der Täter den Tod des Opfers nicht beabsichtigte, es aber durchaus verletzten wollte. Anders sieht dies beim Totschlag aus: Dieser erfolgt mit beabsichtigtem Tötungsgrund.
Deshalb ist es auch unmöglich, dass ein fahrlässiger Totschlag stattfindet, da hier immer von einem Vorsatz ausgegangen werden muss. Was aber unterscheidet dann eine fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge von einer ebensolchen Tötung? Zunächst ist wichtig, dass es eine fahrlässige Köperverletzung mit Todesfolge genau wie einen fahrlässigen Totschlag nicht gibt. Bei beidem muss eine Absicht vorliegen, die eine fahrlässige Handlung ausschließt. Eine Tötung kann jedoch fahrlässig erfolgen, indem der Person, die die Fahrlässigkeit ausübt, sich der Konsequenzen nicht bewusst ist.
Wer muss eine fahrlässige Tötung anzeigen?
Ein Opfer einer fahrlässigen Tötung kann eine solche selbstverständlich nicht anzeigen. Aber wer macht dies sonst und wie ist solch eine Anzeige vorzunehmen?
Grundsätzlich gilt: Jeder kann eine Strafanzeige aufgeben – egal, ob Opfer des Straftatbestandes oder nicht. Das bedeutet, dass auch Angehörige oder sonstige am Unfall beteiligte Personen die Anzeige aufgeben können.
Diese wird normalerweise entweder mündlich oder schriftlich bei der Polizei, einem Amtsgericht oder einer Staatsanwaltschaft erstattet. Wurde eine Strafanzeige geleistet und liegen triftige Anhaltspunkte für den in der Anzeige vermuteten Tatbestand vor (sogenannter Anfangsverdacht), so muss die Behörde diesen nachgehen.
Dann erfolgt eine Weitergabe an die Staatsanwaltschaft, die am Ende des Prozesses der Strafanzeige wegen fahrlässiger Tötung eine Anklage erhebt oder das Verfahren einstellt – je nachdem, welche Ergebnisse aus der Ermittlung hervorgehen.
Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr: Welches Strafmaß gilt hier?
Die fahrlässige Tötung ist besonders oft im Straßenverkehr zu finden. Wurde durch einen Autofahrer gegen eine Straßenverkehrsregel verstoßen, beispielsweise die Vorfahrt missachtet oder über eine rote Ampel gefahren, ist ein Autounfall nicht ausgeschlossen. Wird dabei eine Person getötet, so liegt in der Regel eine fahrlässige Tötung im Straßenverkehr vor.
Das Strafmaß unterscheidet sich dabei nicht von dem für eine fahrlässige Tötung außerhalb des Verkehrs: Auch im Straßenverkehr wird § 222 des StGB herangezogen, der besagt, dass eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren als Strafe bei einem Unfall mit Todesfolge möglich ist. Um dem Täter eine fahrlässige Tötung nachweisen zu können, muss dieser die Tat offensichtlich nicht vorsätzlich begangen haben und eine direkte Kausalität zwischen dem Tod des Unfallopfers und dem fahrlässigen Verhalten des Autofahrers vorliegen.
Bei einem Autounfall mit Todesfolge ist das Strafmaß auch davon abhängig, welchen Hintergrund der Täter hat und welche Umstände den Unfallhergang begleiten: Ist der Unfallfahrer vorbestraft und bereits öfter negativ im Straßenverkehr aufgefallen? Und aus welchem Grund lag eine Fahrlässigkeit vor? Wie unterschiedlich die Urteile bei einem Unfall mit Todesfolge hinsichtlich der Strafe aussehen können, sollen einige Beispiele zeigen:
- Im Februar 2016 kam es zu einem tödlichen Unfall zwischen einem Autofahrer und einem Radfahrer in Garding in Schleswig-Holstein. Auf einer Vorfahrtsstraße fuhr ein 58-jähriger Mann mit seinem Dienstwagen, während der Fahrer eines E-Bikes an einer Seitenstraße an einem Stoppschild hielt. Kurz bevor die Kreuzung durch den Autofahrer erreicht wurde, machte das E-Bike laut Augenzeugen einen Satz nach vorne, sodass der Autofahrer nicht mehr bremsen konnte und den Radfahrer anfuhr. Aufgrund schwerer Kopfverletzungen verstarb der Fahrradfahrer kurz darauf. Da der Autofahrer die zulässige Geschwindigkeit von 30 km/h um mindestens zwölf km/h überschritt, wurde er der fahrlässigen Tötung beschuldigt und im Dezember 2016 zu einer Geldstrafe von 2400 Euro verurteilt. Das Urteil ist bislang noch nicht rechtskräftig.
- Ein betrunkener Autofahrer sorgte im April 2016 in Nordrhein-Westfalen auf dem Weg Richtung Schöppingen ebenfalls für einen Unfall, bei dem eine Person verstarb. Der Fahrer war nachts mit 1,23 Promille auf einer Landesstraße unterwegs und erfasst einen Fußgänger, der – ebenfalls betrunken – die Straße überqueren wollte. Da die Sicht durch die Wetterverhältnisse eingeschränkt war, hätte der Autofahrer seine Geschwindigkeit anpassen müssen, fuhr allerdings doppelt so schnell – nämlich zwischen 81 und 87 km/h – weiter. Trotz der Mitschuld des Fußgängers liegt eine grobe fahrlässige Tötung in diesem Fall vor, da der Fahrer Alkohol konsumiert hatte, trotzdem ins Auto stieg und zusätzlich zu schnell unterwegs war. Aus vorliegenden Gründen wurde der Autofahrer zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt.
- Ein anderer Fall der fahrlässigen Tötung führte zu einer Haftstrafe des Täters. Im Mai 2014 befuhr dieser an einem Samstagabend mit drei weiteren Insassen mit seinem Auto eine Straße in der Nähe von Stuttgart. Aufgrund diverser selbstüberschätzender Fahrmanöver wie dem nach Links-und-Rechts-Lenken des Fahrzeugs und einer überhöhten Geschwindigkeit, verlor der 22-jährige Fahrer in einer Kurve die Kontrolle über sein Auto und überschlug sich mehrmals, bevor das Fahrzeug gegen einen Baum prallte. Während der Fahrer und die Mitfahrer auf der Rückbank nur leichte Verletzungen erlitten, verstarb der Beifahrer einige Tage später im Krankenhaus. Der sich selbst überschätzende Fahrer wurde wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung in zwei Fällen zu einem Jahr und vier Monaten Haft verurteilt, zudem darf er innerhalb der nächsten zwei Jahre keinen neuen Führerschein beantragen. Dieser wurde ihm nach dem Unfall entzogen. Die Haftstrafe, die nicht auf Bewährung ausgesetzt wurde, ist der Leichtsinnigkeit und der groben Fahrlässigkeit des jungen Fahrers geschuldet.
Aus den genannten Beispielen wird deutlich, dass das Strafmaß für eine fahrlässige Tötung im Straßenverkehr durchaus unterschiedlich ausfallen kann. Dies liegt daran, dass auch immer die konkreten Umstände der Tat und die Persönlichkeit des Täters herangezogen werden müssen, um die Gesamtsituation beurteilen zu können. Wird für eine fahrlässige Tötung beim Verkehrsunfall eine Strafe ausgesprochen, kann diese von einer Geldstrafe über eine Bewährungsstrafe bis hin zu einer tatsächlichen Haftstrafe bemessen werden.
Mindeststrafe für eine fahrlässige Tötung: Welche Auswirkungen hat sie auf den Führerschein?
Eine fahrlässige Tötung im Straßenverkehr hat auch immer Auswirkungen auf den Führerschein des Täters. Denn: Laut § 69 des StGB gilt bezüglich der Entziehung der Fahrerlaubnis Folgendes:
Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. […]
Weiter wird im genannten Paragraphen bestimmt, welche Taten eine Unfähigkeit zum Führen von Fahrzeugen im Verkehr provozieren können. Unter anderem gehören dazu ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, besonders wenn dabei eine Person schwer zu Schaden kam oder gar getötet wurde, Alkohol oder Drogen am Steuer sowie eine generelle Gefährdung des Straßenverkehrs.
Wird das Urteil aufgrund der Straftat nach § 222 StGB verkündet, so erlischt auch die Gültigkeit der Fahrerlaubnis des Täters. Wie lange ein solcher Führerscheinentzug gültig ist, wird anhand der individuellen Situation und Gefährdung des Straßenverkehrs entschieden. Zusätzlich zum Führerscheinentzug erfolgt normalerweise auch die Vergabe von drei Punkten in Flensburg.
Unfall mit Todesfolge: Anderes Strafmaß bei Alkoholkonsum?
Eine grobe Fahrlässigkeit liegt beispielsweise dann vor, wenn sich ein Autofahrer betrunken hinters Steuer setzt. Provoziert dieser dann auch noch einen Unfall, bei dem Personen verletzt oder sogar getötet werden, liegt eine grob fahrlässige Körperverletzung bzw. Tötung vor. Aber verändert sich die Strafe bei fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr, wenn Alkohol im Spiel ist?
Grundsätzlich gilt: Fährt eine Person unter Alkohol- oder Drogeneinfluss Auto und tötet dann in einem Unfall einen Menschen, so kann nicht mehr von leichter, sondern von grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden. Die Strafe, die der Täter für die grob fahrlässige Tötung zu erwarten hat, fällt bei Alkohol oder Drogen normalerweise höher aus, bewegt sich allerdings immer noch im Rahmen der in § 222 StGB festgelegten Strafe.
Weitere Beispiele für eine fahrlässige Tötung
Nicht nur im Straßenverkehr oder in medizinischen Gebieten ist eine fahrlässige Tötung möglich. Auch in anderen Gebieten wie beispielsweise auf einer Baustelle, bei generellen Organisationsfehlern oder im Sportbereich kann eine fahrlässige Tötung provoziert werden.
Wichtig für den Tatbestand ist, dass die Fahrlässigkeit, die zum Tod der betroffenen Person geführt hat, auch tatsächlich in einem Kausalzusammenhang zu diesem stehen muss. Außerhalb des Straßenverkehrs können unter anderem folgende Sachverhalte als Beispiele für die Grundlage einer fahrlässigen Tötung dienen:
- Fehler in der Konstruktion von Gebäuden,
- Unzureichende Absicherung von Gefahrenstellen (z. B. bei Baustellen, Gruben, Kanalisationsschächte),
- Organisationsfehler auf Veranstaltungen,
- Falsche Organisation von Notdiensten, wie beispielsweise die zahlenmäßige und qualitative Unterbesetzung in einem Krankenhaus.
Im Folgenden sollen einige Beispiele zeigen, dass eine fahrlässige Tötung, die nach § 222 StGB bestraft wird, durchaus auch in anderen Bereichen als im Straßenverkehr vorkommen kann.
- Im Jahr 2006 stürzte in Bad Reichenhall eine Eishalle ein. Dabei wurden 15 Menschen – größtenteils Kinder – getötet und sechs Menschen verletzt. Angeklagt wurden daraufhin insgesamt drei Personen: der ehemalige Bauleiter und Statiker, der Projektleiter des Architekturbüros sowie der Gutachter, der im Jahr 2003 das Bauwerk kontrollierte. Ersterer wurde im Jahr 2008 zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung verurteilt, die anderen beiden wurden im Laufe des Prozesses freigesprochen. Der Tatvorwurf: Fahrlässige Tötung, da die Dachkonstruktion eine fehlende Statik aufwies.
- Am 22. Oktober 2014 wurde ein Baustellenarbeiter in Leipzig durch einen umgekippten Baukran erschlagen. Da es an diesem Tag stark regnete und der Mobilkran durch den Krankführer deshalb durch Bohlen hätte gestützt werden müssen, was der Kranführer allerdings unterließ, rutschte der Kran zur Seite und erschlug einen Arbeiter, der sich nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte. Da der Krankführer fahrlässig handelte, indem er die Situation nicht richtig einschätzte und demnach eine Stütze des Krans ausblieb, wurde er wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von insgesamt 4500 Euro verurteilt.
- Ein wohl vielen Menschen bekannter Fall, in dem fahrlässige Tötung und die Bestrafung nach § 222 StGB im Vordergrund stand, ist das Loveparade-Unglück aus dem Jahr 2010. An einer Engstelle waren im Gedränge 21 Menschen gestorben und mehrere hundert zum Teil schwer verletzt worden. Die Anklage richtet sich gegen insgesamt zehn Personen – sechs Angestellte der Stadt Duisburg und vier der Veranstaltungsmitarbeiter – und wird nicht nur wegen fahrlässiger Tötung, sondern auch Körperverletzung ausgesprochen. Wesentliches Beweismittel im Prozess ist ein Gutachten eines britischen Panikforschers, der eine Verengung einer Rampe beim Festival für unverantwortlich hält. Ende März 2016 beschloss das Landgericht Duisburg, dass das Gutachten nicht aussagekräftig genug sei und die Anklage demnach nicht zugelassen werde. Ein dringender Tatverdacht bestehe nicht, demnach sei ein Strafverfahren zunächst ausgeschlossen. Eine endgültige Klärung der Situation steht aus, da viele – besonders Angehörige der Opfer – Unverständnis für ein fehlendes Strafverfahren vorweisen.
- Am 6. Juni 2014 werden einige Erntehelfer von ihrem Chef – einem Landwirt – aus der Nähe von Freiburg auf dessen Feld zur Arbeit geschickt. Es ist ein heißer Tag – bereits in den Mittagsstunden werden um die 30 Grad gemessen. Trotzdem müssen die Erntehelfer arbeiten. Gegen halb sieben am Abend muss sich einer der Erntehelfer setzen, weil es ihm nicht gutgehe. Kurze Zeit später ist er bewusstlos und stirbt zwei Wochen später im Krankenhaus. Der Landwirt wurde der fahrlässigen Tötung angeklagt, da er den Erntehelfern Pausen und Wasser verweigert hätte. Dieser wiederum verneint die Anklage und ist überzeugt, dass beim Erntehelfer eine Vorerkrankung vorgelegen habe. Die Urteilsverkündung gibt allerdings der Anklage Recht: Der Landwirt wird wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von mehreren Monaten auf Bewährung verurteilt.
Statistiken: Fahrlässige Tötung nach § 222 StGB
Aber wie viele Straftaten werden in Deutschland eigentlich jährlich von der Polizei registriert? Und wie viele davon belaufen sich auf eine fahrlässige Tötung nach § 222 StGB? Einer Statistik des Statistischen Bundesamts zufolge gab es im Jahr 2014 insgesamt 156.725 verurteilte Straßenverkehrsdelikte, wovon 77.223 – also fast 50 % – betrunken begangen wurden. Eine fahrlässige Tötung in Verbindung mit einem Verkehrsunfall kam in 585 Fällen vor, 73 davon geschahen unter grober Fahrlässigkeit, weil der Unfallverursacher mit Alkohol am Steuer unterwegs war. Selten ist solch eine Form der Straftat demnach nicht.
Beachten Sie: Liegen gleichzeitig zwei Straftatbestände vor, wie beispielsweise eine fahrlässige Tötung mit einem unerlaubten Entfernen vom Unfallort (sogenannte Fahrerflucht), so gilt in der Regel Tateinheit. Das bedeutet: Wurden mit einer Handlung zwei Strafgesetze gleichzeitig bzw. ein Gesetz mehrfach verletzt, wird nur eine Strafe anerkannt. Liegen also gleichzeitig eine fahrlässige Tötung und ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort vor, wird die Strafe nach dem Gesetz festgelegt, das die höhere Strafe für den Fahrer bedeutet. In diesem Fall wäre das die Strafe für die fahrlässige Tötung, die bis zu fünf Jahren Haft oder eine Geldstrafe bedeutet.
Fahrlässige Tötung durch Unterlassen: das Beispiel Arzt
Eine fahrlässige Tötung ist jedoch nicht nur bei einem Verkehrsunfall mit Todesfolge mit einer Strafe belegt. Auch hinsichtlich eines ärztlichen Eingriffes können Fehler passieren, die mit dem Tatbestand „fahrlässige Tötung“ einhergehen. Dazu muss ein Arzt seine Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen haben.
Die Sorgfalt, die dieser bei seiner Arbeit an den Tag legen sollte, besteht aus der Beachtung des aktuellen Forschungsstandes sowie den aktuellen Kenntnissen, die ein Facharzt in seinem Gebiet vorweisen sollte. Ebenso wie beim Unfall im Straßenverkehr muss der Fehler des Arztes in kausalem Zusammenhang zum späteren Tod des Patienten stehen. Fehler sind beispielsweise dann möglich, wenn dem aktuellen Forschungsstand bei einer Behandlung nicht gefolgt wird und somit ein Behandlungsfehler geschieht.
Jedoch kann er in sämtlichen Bereichen des Berufsfeldes auftreten: bei der Aufklärung, der Organisation oder der tatsächlichen Behandlung. Stirbt ein Patient aufgrund eines solchen Behandlungsfehlers und ist der Tod diesem Fehler eindeutig zuzuordnen, so liegt eine fahrlässige Tötung durch den Arzt vor.
In diesem Zusammenhang kann ebenfalls eine fahrlässige Körperverletzung oder eine unterlassene Hilfeleistung Bestandteil des Straftatbestandes sein: Ergreift der Mediziner nicht alle notwendigen Behandlungsmaßnahmen, so kann dem Arzt nicht nur fahrlässige Tötung vorgeworfen werden, sondern auch, dass er den Tod durch Unterlassen provoziert hat.
Schadensersatz und Schmerzensgeld für Hinterbliebene
Einen Verlust, den der Tod eines nahestehenden und geliebten Menschen bedeutet, kann niemand wiedergutmachen. Trotzdem kann durch die Zahlung von Schadensersatz, Schmerzensgeld oder die Erstattung von Beerdigungskosten zumindest ein finanzielles Problem im Ansatz gelöst werden. Denn: Hinterbliebene haben oft einen Anspruch auf Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld, wenn ein Verwandter durch eine fahrlässige Tötung nach § 222 StGB bei einem Unfall oder auch durch einen Behandlungsfehler zu Tode kam.
Wichtig dabei ist, den Anspruch nach der fahrlässigen Tötung auch geltend zu machen. Da viele Angehörige nach einem solchen Unfall jedoch Wichtigeres zu tun haben, als sich um finanzielle Probleme und eventuelle Schadensersatzansprüche zu kümmern, kann hier ein Anwalt zur Beratung hinzugezogen werden, der sich um die Leistungen, die ihnen zustehen, kümmert.
Zuvor wird dabei geklärt, ob dem Getöteten eventuell eine Teilschuld am Unfall zugesprochen werden kann. Je nachdem, welche Umstände vorliegen, können die Erben bzw. Nachkommen folgende Ansprüche geltend machen:
- Schmerzensgeld des Opfers (kann vererbt werden),
- Beerdigungskosten,
- Unterhaltsschaden,
- Schmerzensgeld bei Schockschaden
- sowie Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz.
Aber welche Leistungen sind für eine fahrlässige Tötung, die nach § 222 des StGB bestraft wird, möglich? Im Folgenden soll eine kurze Übersicht darüber gegeben werden, wann welcher Anspruch gegeben ist.
- Schmerzensgeld: Stirbt der Unfallbeteiligte direkt am Unfallort, so besteht auch für Angehörige kein Schmerzensgeldanspruch. Tritt der Tod allerdings zeitversetzt ein, zum Beispiel weil der Betroffene erst Stunden oder Tage später im Krankenhaus verstirbt, so können auch die Erben des Verstorbenen Schmerzensgeld beantragen. Denn: Seit 1990 ist der Anspruch auf Schmerzensgeld auch vererbbar und wird demnach auf die Erbenden übertragen.
- Beerdigungskosten: Sowohl die Gewährung von Beerdigungskosten als auch die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sind gesetzlich in § 844 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Die Beerdigungskosten müssen demnach von demjenigen getragen werden, der den Tod des zu Beerdigenden verschuldet hat. Der Anspruch wird vonseiten derjenigen geltend gemacht, die für die Beerdigungskosten aufkommen müssen. Bei einer Teilschuld des Verstorbenen können sich die Erstattungen verringern.
- Unterhaltsansprüche: War der Verstorbene unterhaltspflichtig gegenüber einer dritten Person, zum Beispiel dem Ehepartner oder einem Kind, so muss der Schädiger diese Unterhaltsleistungen in Form einer Rente nach dem Tod weiterzahlen. Auch für ein bis dato ungeborenes Kind kann ein solcher Anspruch bestehen.
- Schockschaden: Schmerzensgeldansprüche können Angehörige normalerweise nach dem Tod einer nahestehenden Person durch eine fahrlässige Tötung nicht geltend machen. Eine Ausnahme besteht jedoch: der Schockschaden. Waren Verwandte oder Bekannte direkt am Unfall – zum Beispiel als Zeuge – beteiligt oder erleiden durch die alleinige Nachricht des Todes einen schweren Schock, so können hier ebenfalls Leistungsansprüche gegenüber dem Schädiger entstehen. Ein Schockschaden muss normalerweise von einem entsprechenden Arzt festgestellt werden, um einen Anspruch auf Ausgleichsleistungen festmachen zu können.
- Opferentschädigungsgesetz: Werden Personen Opfer einer Gewalttat, haben diese normalerweise einen Anspruch auf Entschädigung durch eine sogenannte Opferrente. Dieser kann allerdings auch geltend gemacht werden, wenn ein ärztlicher Behandlungsfehler für die fahrlässige Tötung verantwortlich ist. Der Anspruch kann sich ebenfalls auf die Erben übertragen.
Unterliegt eine fahrlässige Tötung einer Verjährung?
Je nach Strafmaß bemisst sich die Verjährung anhand der höchsten, die für den Straftatbestand vorgesehen ist. Ein Mord ist davon ausgeschlossen, da dieser keiner Verjährung unterliegt. Für den Straftatbestand der fahrlässigen Tötung nach § 222 StGB bedeutet dies, dass die Verjährung anhand der fünfjährigen Höchststrafe bemessen wird. Laut § 78 StGB beträgt die Verjährung für eine fahrlässige Tötung demnach:
Fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, […]
Das bedeutet, dass ein Schädiger auch noch fünf Jahre nach der Tat für die fahrlässige Tötung nach § 222 StGB belangt werden kann.
Situation in Nachbarländern: Wie sieht es in Österreich und der Schweiz aus?
Dadurch, dass eine fahrlässige Tötung eine schwere Straftat darstellt, wird sie selbstverständlich auch in den deutschen Nachbarländern bestraft.
Die Schwere der Strafe unterscheidet sich allerdings in der Schweiz und in Österreich von der in Deutschland. Aber wie sieht die Gesetzeslage dort genau aus? Welche Strafen haben Sie zu erwarten, wenn Sie in Deutschland eine fahrlässige Tötung begehen?
- Fahrlässige Tötung in der Schweiz: Fahrlässige Tötung meint das Bewirken des Eintritts des Todes einer Person. Durch eine Verletzung der Sorgfaltspflicht kommt es durch einen Kausalzusammenhang zum Tode des Menschen, der bei pflichtgemäßem Handeln höchstwahrscheinlich nicht eingetreten wäre. In der Schweiz steht auf fahrlässige Tötung nach § 117 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren oder eine Geldstrafe. Somit wird der Straftatbestand nicht ganz so schwer geahndet wie in Deutschland, wo es insgesamt zu fünf Jahren Freiheitsstrafe kommen kann.
- Fahrlässige Tötung in Österreich: Der Straftatbestand der fahrlässigen Tötung wird in Österreich in den §§ 80 und 81 StGB geregelt. Abgrenzend von der fahrlässigen Tötung wird hier auch die fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen bestraft. Dieser Tatbestand ist gegenüber deutschen Gesetzen mit einer grob fahrlässigen Tötung zu vergleichen. Auf eine fahrlässige Tötung nach § 80 StGB in Österreich steht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen. Schwerer fällt die Strafe aus, wenn dabei nicht nur eine Person, sondern mehrere Menschen getötet wurden: Dann ist mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu rechnen. Liegt ein Tatbestand nach § 81 StGB in Österreich vor, kann eine dreijährige Freiheitsstrafe – bzw. bei mehreren getöteten Personen bis zu fünf Jahre – die Folge sein. Weiter nennt der besagte Paragraph folgende Tat als grob fahrlässig:
Ebenso ist zu bestrafen, wer den Tod eines Menschen fahrlässig herbeiführt, nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch Genuss von Alkohol oder den Gebrauch eines anderen berauschenden Mittels in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hat, obwohl er vorhergesehen hat oder hätte vorhersehen können, dass ihm eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet sei.
Auch dies wird nach Absatz 3 des § 81 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren sanktioniert.
Wie wird eine fahrlässige Tötung im Jugendstrafrecht sanktioniert?
Wie bereits erwähnt, kommt es besonders oft im Straßenverkehr zu einer fahrlässigen Tötung. Denn: Oft überschätzen sich die Autofahrer hinsichtlich ihrer Fähigkeiten, wenn sie beispielsweise unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen. Andersrum kann eine Geschwindigkeitsüberschreitung oder die Missachtung einer anderen Verkehrsregel unterschätzt werden, da hier oft Unfälle mit Personenschäden die Folge sind.
Besonders bei jungen und unerfahrenen Autofahrern kommt es nicht selten vor, dass diese Situationen noch nicht so gut einschätzen können oder durch Übermut in eine gefährliche und waghalsige Lage geraten. Kommt es dann zu einem Unfall, bei dem eine Person getötet wird, steht schnell der Vorwurf einer fahrlässigen Tötung im Raum.
Aber wie wird diese im Jugendstrafrecht abgeurteilt? Gibt es hier andere Richtlinien, nach denen die Anklage erfolgt oder fällt das Urteil milder aus? Welche Folgen hat eine fahrlässige Tötung für die Probezeit beim Führerschein?
Mildernde Umstände für Kinder, Jugendliche und Heranwachsende?
Kinder bis zur Vollendung ihres 13. Lebensjahres sind strafunmündig. Für Jugendliche zwischen dem 14. und 17. Lebensjahr sowie teilweise noch für Heranwachsende bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres gilt hingegen das Jugendstrafrecht und somit das Jugendgerichtsgesetz (JGG).
Je nachdem, wie schwerwiegend der Fall ist, können laut § 5 des JGG sowohl Erziehungsmaßregeln gegen den Jugendlichen oder Heranwachsenden ausgesprochen werden als auch Zuchtmittel bzw. eine Jugendstrafe angeordnet werden.
Bei Anwendung des Jugendstrafrechts wird der Blick weniger auf die Bestrafung gelegt, sondern vielmehr die wichtige Erziehung des Jugendlichen oder Heranwachsenden in den Vordergrund gestellt, wodurch die mildere Strafe begründet wird. Wichtig bei der Verhängung einer Strafe ist auch immer, inwiefern sich der Angeklagte reumütig zeigt oder wie reif er besonders in Bezug auf sein Alter erscheint.
Bei einer fahrlässigen Tötung werden demnach oft Bewährungsstrafen oder Sozialstunden ausgesprochen, auch eine Geldzahlung an gemeinnützige oder jugendorientierte Vereine ist möglich. Bei Heranwachsenden, bei denen das Jugendstrafrecht nur in einigen Fällen anwendbar ist, wird besonders auf die Persönlichkeit des Angeklagten geachtet sowie darauf, inwiefern die Tat einem jugendlichen Leichtsinn entsprungen ist.
Viele Richter berufen sich bei ihrer Urteilsverkündung darauf, dass die Tat, welche die fahrlässige Tötung provozierte, eine typische Jugendtat sei und auch demnach sanktioniert werden müsse. Ein Beispiel soll verdeutlichen, wie eine solche Tat nach dem Jugendstrafrecht abgeurteilt werden kann:
Im Jahr 2011 befuhr ein 19-jähriger Autofahrer in der Probezeit eine Landstraße in der Nähe von München. In einer Kurve fuhr er den Wetterverhältnissen entsprechend zu schnell und geriet auf die Gegenfahrbahn, auf der ein 42-Jähriger mit seinem Fahrrad fuhr. Dieser wurde vom Auto erfasst und starb noch an der Unfallstelle. Im darauffolgenden Prozess, in dem sich der junge Autofahrer der fahrlässigen Tötung verantworten musste, zeigte dieser große Reue und hatte während der Verhandlung mit den Tränen zu kämpfen.
Aufgrund dieses Umstandes, weil er zudem nicht alkoholisiert war und sich zwar an die Höchstgeschwindigkeit gehalten, aber die Geschwindigkeit nicht an die gegebenen Wetterverhältnisse angepasst hatte, sprach der Richter ein mildes Urteil: Der junge Fahranfänger wurde zu 64 Sozialstunden verdonnert. Zusätzlich musste er Schmerzensgeld in Höhe von 1000 Euro an die Witwe zahlen sowie 2000 Euro an einen Kurs für straffällige Jugendliche bzw. Heranwachsende. Ein Fahrverbot oder Führerscheinentzug wurde nicht erteilt, da der Autofahrer tiefe Reue zeigte, sich an die Höchstgeschwindigkeit gehalten hatte und lediglich mit etwas zu viel Selbstüberschätzung in die Kurve gefahren war. Er wurde nach dem StGB für die fahrlässige Tötung angezeigt, das Strafmaß ergab sich jedoch aus dem JGG.
Auswirkungen auf die Probezeit und den Führerschein
Laut JGG gehört die Entziehung der Fahrerlaubnis zu den „Maßregeln der Besserung und Sicherung“, die für Jugendliche laut § 7 JGG angedacht sind. Das bedeutet: Im Zuge eines Jugendstrafverfahrens kann dem Angeklagten auch die Fahrerlaubnis für eine gewisse Zeit entzogen oder ein Fahrverbot ausgesprochen werden. Wie lange die Sperrfrist ist, in der der Jugendliche keine neue Fahrerlaubnis beantragen darf, wird individuell festgelegt.
Verursacht ein Jugendlicher oder Heranwachsender im Straßenverkehr einen Unfall, welcher den Straftatbestand einer fahrlässigen Tötung erfüllt, so gilt dies in der Probezeit als A-Verstoß. Ein A-Verstoß bedeutet, dass die Probezeit beim ersten Verstoß um zwei Jahre verlängert wird und ein Aufbauseminar besucht werden muss.
Da der Verstoß jedoch nicht aufgrund einer Ordnungswidrigkeit, sondern durch eine Straftat entstanden ist, wird dem jungen Fahranfänger in der Regel zusätzlich der Führerschein entzogen oder ein Fahrverbot verhängt. Droht dem Heranwachsenden ein Führerscheinentzug, so muss dieser den Führerschein nach einer Sperrfrist, die individuell vom Gericht festgelegt wird, erneut beantragen. Nach einem Fahrverbot erhält der Autofahrer seinen Führerschein automatisch wieder zurück.
Sollte nicht die Vorstellung für den Tod von jemandem verantwortlich zu sein eigentlich nicht schon abschreckend genug sein?
Die abschreckende Wirkung bei einer Tötung durch Fahrlässigkeit ist für mein Empfinden viel zu gering.
In der Regel werden die 5 Jahre auch nicht ausgeschöpft, was jedesmal ein Schlag ins Gesicht der Angehörigen ist.
Warum nicht 10 Jahre?
Hallo, ich hätte da mal ein paar Fragen an Sie und würde mich freuen wenn Sie mir weiterhelfen :)
Also bei einem Autounfall stirbt ein Mädchen (16) und ein Junge (18) wird schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Der Unfallverursacher ist auf einem landwirtschaftlichen Weg mit 110 km/h um eine Kurve gefahren wo er nicht fahren dürfte. In der Kurve raste er gegen einen Baum mit der rechten Fahrzeugseite. Dazu stand er unter Drogen und Alkoholeinfluss. Das Auto mit dem er gefahren ist war nicht zugelassen, hatte falsche Kennzeichen und er hatte keinen Führerschein. Dazu hat der Unfallverursacher hat die Polizei angelogen und behauptet der Fahrer sei flüchtig. Das ist nicht sein erstes Delikt und er war auf Bewährung wo das passierte. Der Junge lag wochenlang im Koma und wird wahrscheinlich Spätfolgen haben.
Ich frage mich ob es bei seiner Strafe eine Rolle spielt dass das Mädchen noch ein Kind war und können Sie mir ungefähr erklären wie lange seine Freiheitsstrafe werden könnte?
Ich bedanke mich schon einmal im Vorraus ! :)
Hallo Lea,
eine solche Einschätzung des Strafmaßes über die gesetzliche Spanne hinaus ist uns leider nicht möglich. Bei so detaillierten rechtlichen Fragen wenden Sie sich am besten an einen Anwalt, da wir hier keine Rechtsberatung erteilen dürfen.
Die Redaktion von bussgeldkatalog.org