Halterhaftung für Kfz: Wann ist der Fahrzeughalter verantwortlich?
Letzte Aktualisierung am: 20. Juni 2024
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Wichtig: Im Juni 2024 hat das Bundesverfassungsgericht ein wichtiges Urteil bezüglich der Halterhaftung bei Parkverstößen getroffen. Warum diese nicht gilt, lesen Sie in unserem Artikel: “Halterhaftung für Parkverstöße: Urteil vom Bundesverfassungsgericht“.
FAQ: Halterhaftung
Wird im Zusammenhang mit dem Verkehrsrecht von Halterhaftung gesprochen, bedeutet das, dass der Fahrzeughalter für durch das Fahrzeug verursachte Schäden haften muss. Außerdem kann er für Gesetzesverstöße, die mit dem Fahrzeug begangen wurden, haftbar gemacht werden. Das Gegenteil der Halterhaftung ist die Fahrerhaftung.
Ja und nein. Anders als in vielen anderen europäischen Ländern haftet ein Fahrzeughalter in Deutschland üblicherweise nicht für Verstöße im fließenden Verkehr, z. B. bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Stattdessen wird hier der Fahrer zur Verantwortung gezogen (Fahrerhaftung). Bei anderen Verstößen, wie zum Beispiel bei Mängeln am Fahrzeug oder beim Falschparken, kann aber sehr wohl eine Halterhaftung bestehen. Obendrein besteht eine grundsätzliche Gefährdungshaftung für Fahrzeughalter. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Nein. Gemäß § 25a Abs. 1 StVG muss der Fahrzeughalter in Deutschland nur dann für einen Parkverstoß mit seinem Fahrzeug haften, wenn der verantwortliche Fahrer nicht oder nur unter unangemessenem Aufwand ermittelt werden kann. Geht der Bußgeldbescheid dann an den Halter, hat dieser die Möglichkeit, Einspruch einzulegen.
Inhaltsverzeichnis:
Wer ist bei Verkehrsverstößen haftbar: Fahrer oder Halter?
Im Vergleich zu vielen anderen Ländern stellen die Blitzer in Deutschland einen Sonderfall dar, denn diese fotografieren die Fahrzeuge in der Regel von vorn. In Frankreich oder den Niederlanden zum Beispiel erfassen die Blitzer hingegen das Heck. Das liegt daran, dass es in diesen Ländern nicht wichtig ist, den Fahrer zu identifizieren, der den Verstoß begangen hat. Dort gilt nämlich ausschließlich die Halterhaftung. Das bedeutet, dass Bußgeldbescheide grundsätzlich an den Fahrzeughalter verschickt werden, selbst wenn er gar nicht der Fahrer war, der den Verstoß begangen hat.
In Deutschland ist das jedoch anders. Hier gilt für Verstöße im fließenden Verkehr in der Regel nicht die Haftung des Fahrzeughalters, sondern die Fahrerhaftung. Aus diesem Grund ist es zum Beispiel bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung notwendig, den verantwortlichen Fahrer zu identifizieren, was meist anhand des Blitzerfotos geschieht.
Der Halter haftet für Verstöße gegen die StVZO
Das heißt jedoch nicht, dass es in Deutschland überhaupt keine Halterhaftung für Kfz gibt. Denn für bestimmte Sachverhalte kann der Fahrzeughalter sehr wohl zur Verantwortung gezogen werden. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn dieser nicht den ordnungsgemäßen Betrieb des Fahrzeugs sichergestellt hat. Liegen Verstöße gegen die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vor, muss in der Regel der Fahrzeughalter haften.
Hier einige Beispiele für derartige Verstöße:
- Der für das Fahrzeug vorgeschriebene Feuerlöscher fehlt oder entspricht nicht den Vorschriften.
- Die Betriebserlaubnis ist erloschen.
- Das Fahrzeug weist bauliche Mängel auf.
- Die Ladung des Fahrzeugs ist nicht ordnungsgemäß gesichert.
- Das Fahrzeug ist nicht vorschriftsgemäß mit Winterreifen ausgestattet.
Es kann übrigens vorkommen, dass sowohl Halter als auch Fahrer für einen Verstoß haften müssen. Denn zwar liegt es am Halter, dafür zu sorgen, dass sein Fahrzeug betriebsbereit ist, doch der Fahrer wiederum hat auch die Verantwortung, sich dessen zu vergewissern, ehe er sich hinters Steuer setzt. Fehlen beispielsweise die Winterreifen und nimmt der Fahrer das Fahrzeug trotz Schnee und Eis in Betrieb, drohen ihm mindestens 60 Euro und 1 Punkt. Der Halter wiederum kann dafür mit 75 Euro und einem Punkt belangt werden.
Halterhaftung bei Parkverstoß
In Deutschland gilt also die Grundregel: Verhält sich der Fahrer falsch, muss dieser allein das Bußgeld zahlen. Es bestehen aber auch Ausnahmen von dieser Regel, wie z. B. die Halterhaftung bei Halte- und Parkverstößen.
In § 25a Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) heißt es dazu:
Kann in einem Bußgeldverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes der Führer des Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden oder würde seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern, so werden dem Halter des Kraftfahrzeugs oder seinem Beauftragten die Kosten des Verfahrens auferlegt; er hat dann auch seine Auslagen zu tragen.
In der Theorie muss der Halter also nicht immer für einen Parkverstoß haften, sondern nur dann, wenn sich der Fahrer nicht ermitteln lässt. Dies ist aber eigentlich nur möglich, wenn der Verantwortliche direkt am Fahrzeug ertappt wird. Da das in der Praxis eher selten vorkommt, geht der Bußgeldbescheid hier in der Regel direkt an den Halter. Dieser hat dann die Möglichkeit, innerhalb von 14 Tagen Einspruch einzulegen und dabei den schuldigen Fahrer zu benennen.
StVG § 7: Die Gefährdungshaftung für Kraftfahrzeuge
Wird mit einem Kraftfahrzeug ein Unfall verursacht, kann oftmals der Halter haftbar gemacht werden, selbst wenn er nicht der schuldige Fahrer war. Diesen Fall der Halterhaftung legt das StVG, genauer § 7 StVG, fest. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Gefährdungshaftung.
Bei einer Gefährdungshaftung liegt ein potentiell gefährliches, aber legales Verhalten vor. Das kann der Betrieb eines Kernkraftwerks sein, der Besitz eines Hundes oder eben das Halten eines Kraftfahrzeugs. Der Verantwortliche darf zwar die Vorteile dieser gefährlichen Handlung nutzen, muss aber eben auch für die Schäden haften, die diese verursacht.
Die Gefährdungshaftung für Fahrzeughalter wird wie erwähnt in § 7 StVG festgelegt. Hier finden sich auch die Bedingungen, unter denen diese Form der Halterhaftung angewendet werden kann:
- Es wurde mit dem Fahrzeug ein Personen- oder Sachschaden verursacht.
- Der Schaden entstand durch den Betrieb des Fahrzeugs. Beachten Sie hier, dass auch das Parken im öffentlichen Raum bereits als Betrieb gezählt wird.
- Der Schaden entstand nicht durch höhere Gewalt. Damit ist eine Einwirkung von außen gemeint, die sich weder vorhersehen noch durch größtmögliche Sorgfalt abwenden lässt.
- Das Fahrzeug wurde mit dem Wissen und dem Willen des Halters betrieben.
Die letzte Bedingung spielt zum Beispiel eine Rolle, wenn ein Auto gestohlen wird und der Dieb dann damit einen Unfall verursacht. Hier kann die Halterhaftung nur ausgeschlossen werden, wenn der Halter die unbefugte Fremdnutzung seines Fahrzeugs nicht in irgendeiner Weise selbst ermöglicht hat. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn er sein Auto samt Zündschlüssel unabgeschlossen in der Öffentlichkeit parken würde. Gab es jedoch kein Verschulden des Halters, liegt eine sogenannte Schwarzfahrt vor. Diese schließt gemäß § 7 Abs. 3 StVG die Halterhaftung aus.