Motorradunfall ohne Schutzkleidung: Folgen bei der Regulierung?
Letzte Aktualisierung am: 23. August 2024
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Fahren ohne Lederkombi – Ein leichtsinniges Vergnügen
Gerade im Frühling und Sommer lockt der Sonnenschein viele Zweiradbesitzer zu Spritztouren nach draußen. Angesichts hoher Temperaturen oder kurzer Wegstrecken wird das Anlegen der dicken Lederschutzkombi für manch einen zur überflüssigen Maßnahme, der Helm allein muss dann reichen.
Doch welche Konsequenzen kann es haben, wenn einer dieser leichtsinnigen Fahrer in einen Motorradunfall ohne Schutzkleidung gerät? Kann ihm das zur Last gelegt werden oder wirkt sich nur ein Verstoß gegen die Helmpflicht auf die Schadensregulierung aus?
Dieser Frage widmet sich der nachstehende Ratgeber. Er stellt die wichtigsten Fakten dar und benennt entscheidende Gerichtsurteile in diesem Zusammenhang.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Motorradunfall ohne Schutzkleidung
Nein. Vorgeschrieben ist nur ein Motorradhelm, schützende Kleidung ist allerdings optional.
Abgesehen davon, dass das Verletzungsrisiko bei einem Unfall deutlich erhöht ist, kann es zu Problemen mit der Haftpflichtversicherung kommen.
Nein. Auch wenn es durchaus möglich ist, dass der Verzicht auf Schutzkleidung zu Problemen hinsichtlich der Schadensregulierung führt, ist das immer eine Einzelfallentscheidung.
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Helme:
Video: Die richtige Motorradkleidung
Unfallstatistik: Motorradfahren als gefährlicher Fahrspaß
30.434 Kraftradfahrer verunglückten im Jahr 2015 im Straßenverkehr. Die Wahrscheinlichkeit, mit einem Kraftrad, wie einem Motorrad, in einen Unfall zu geraten, ist deutlich höher, als eine Kollision mit einem Auto zu erleiden.
Am häufigsten kam es zwischen einem Pkw und einem Motorrad zum Crash (81 %), wobei in rund 60 % der Fälle der Pkw-Fahrer die Kollision mit dem Motorrad verursacht hat.
Diese Zahlen sollten Motorradbesitzern und -nutzern als deutliche Warnsignale dahingehend dienen, ihre eigene Gesundheit – und im Zweifel gar ihr Leben – nicht unnötig aufs Spiel zu setzen. Insbesondere eine geeignete Bekleidung kann im Ernstfall schwere Wunden verhindern oder zumindest reduzieren.
Wird auf diese jedoch verzichtet und kommt es so zu einem Motorradunfall ohne Schutzkleidung, hat das nicht nur körperliche Konsequenzen, sondern auch Folgen für die Entschädigung nach dem Crash.
Motorradunfall ohne Schutzkleidung – Mithaftung des Verunfallten
Das Tragen des richtigen Motorradhelmes ist nicht nur Teil eines effektiven Selbstschutzes, sondern auch gesetzliche Pflicht. Denn § 21a Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) verlangt von jedem Fahrer eines Kraftrades die Benutzung eines Schutzhelmes.
Anders verhält es sich da mit weiterer Motorradbekleidung. Die speziell gepolsterten und verstärkten Jacken, Hosen oder Schuhe können optional getragen werden, verpflichtend sind sie beim Fahren mit dem Motorrad allerdings nicht.
Problematisch wird dies unter Umständen, wenn ein verunglückter Biker bei einem Motorradunfall ohne Schutzkleidung gestürzt ist. Denn auch wenn die Schuldfrage beim Unfall eindeutig geklärt ist und der Motorradfahrer fremdverursacht verletzt wurde, verweisen manche Haftpflichtversicherer auf die mangelnde Eigensicherung und wollen so eine Kürzung der ausstehenden Schadensersatzansprüche bewirken.
In der Rechtsprechung wird ein Motorradunfall ohne Schutzkleidung verschiedenartig gehandhabt. Die folgenden Gerichtsentscheidungen beleuchten beide Varianten, die dabei möglich sein können.
Weitere Informationen zur Helmpflicht
Mitschuld mangels Schutzbekleidung
2009 verhandelte das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg über einen Motorradunfall ohne Schutzkleidung, bei welchem ein Biker durch eine fremdverursachte Kollision mit einem Pkw erhebliche Schäden an Knie und Bein davontrug (Az. 12 U 29/09, 2009). Unstreitig war dabei die Schuldfrage, denn der Crash mit dem Motorrad war eindeutig durch den Autofahrer verursacht worden. Allerdings gab es Uneinigkeiten bei der Höhe des Schmerzensgeldes.
Die gegnerische Versicherung wollte die Forderung anfechten und berief sich darauf, dass der Biker bei dem Motorradunfall ohne Schutzkleidung verunglückt war, was zumindest zu einer Mithaftung führe.
Keine Mithaftung: Motorradschuhe sind nicht Teil des allgemeinen Verkehrsbewusstseins
Anders sah dies das OLG Nürnberg, welches sich im Jahr 2013 mit einem Motoradunfall ohne Schutzkleidung befasste (Az. 3 U 1897/12). Erneut lag der Verhandlung eine Kollision zwischen Pkw und Kraftrad zugrunde, bei welcher sich der Motorradfahrer schwere Fuß- und Beinverletzungen zuzog. Hier waren die Sportschuhe des Verunfallten der in Anspruch genommenen Versicherung ein Dorn im Auge.
Das OLG begründete die Hauptschuld des Pkw-Fahrers damit, dass eine Pflicht zum Tragen von Stiefeln für das Motorrad gesetzlich nicht verankert sei. Außerdem sei die Notwendigkeit derartiger Schuhe zum Eigenschutz keinesfalls Bestandteil des allgemeinen Verkehrsbewusstseins der Motorradgemeinde.
Zudem herrsche bei Motorradstiefeln eine derartige Vielfalt hinsichtlich der Beschaffenheit der Modelle, dass diesen keine spezielle Schutzfunktion zukommt, die beispielsweise Arbeitsschuhe nicht auch erfüllen könnten.
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