Beweispflicht bei einem Wildunfall: Mehr erforderlich als das tote Reh

News von Franziska S.

Veröffentlichungsdatum: 21. Januar 2025

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Das Amtsgericht (AG) München entschied in seinem Urteil vom 22.08.2024 zu dem Thema der Beweispflicht bei einem Wildunfall. Ein totes Reh auf der Straße reiche nicht aus, um nachzuweisen, dass das Tier allein Grund für den Schaden am Fahrzeug sei. Den Fahrer treffe die Pflicht, weitere Beweise zu erbringen. Nur so könne er Ansprüche gegen die Versicherung geltend machen.

Urteil des AG München gibt Klarheit bezüglich der Beweispflicht bei einem Wildunfall

Beweispflicht nach einem Wildunfall: Der Fahrer muss nachweisen, dass die Kollision mit dem Tier den Schaden verursachte.
Beweispflicht nach einem Wildunfall: Der Fahrer muss nachweisen, dass die Kollision mit dem Tier den Schaden verursachte.

Am 22.08.2024 erging ein Urteil des AG München (Az. 123 C 13553/23), in dem es sich mit den Anforderungen an die Beweispflicht bei einem Wildunfall auseinandersetzt. Der Entscheidung des Gerichts lag folgender Fall zugrunde: Der Fahrer war nach eigenen Angaben auf einer ländlichen Straße in Nordrhein-Westfalen unterwegs gewesen. Plötzlich sei ein Reh auf die Motorhaube gesprungen und habe ihm die Sicht versperrt. Er habe daher die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren und sei zweimal in die Leitplanke gekracht. Während sein Auto ein Totalschaden war, lag das Reh tot auf der Straße.

Der Pkw-Halter hatte mit der Münchner Versicherung eine Kaskoversicherung abgeschlossen, die auch für Wildunfälle haften sollte. Er verlangte von der Versicherung die Kosten in Höhe von 3.000 Euro, die durch den Wildunfall entstanden waren. Die Versicherung verweigerte die Zahlung, weil es außer dem Reh keine Anzeichen für einen Wildunfall gebe und der Fahrer der Beweispflicht nach einem Wildunfall nicht ausreichend nachgekommen sei.

Entscheidung des AG München: Das Gericht entschied zugunsten der Versicherung. Die vorliegenden Beweise und Ausführungen seien nicht ausreichend, um eine Kollision mit einem Reh nachzuweisen. Der Fahrer stützte seinen Anspruch lediglich auf einige Schäden am Auto, die mit der Leitplanke in Verbindung gebracht werden konnten und auf das tote Wild auf der Straße. Das beweise nicht zweifelsfrei, dass das Reh für den Unfall und den Schaden am Pkw ursächlich war und genügen nicht dem geforderten Umfang der Beweispflicht bei einem Wildunfall.

Wie können Fahrzeughalter einen Wildunfall beweisen?

Der Beweispflicht nach einem Wildunfall kommt der Fahrer nach, wenn er z. B. Fotos vom Unfallort macht und Zeugen benennen kann.
Der Beweispflicht nach einem Wildunfall kommt der Fahrer nach, wenn er z. B. Fotos vom Unfallort macht und Zeugen benennen kann.

Möchte der Pkw-Halter einen Anspruch bei der Versicherung geltend machen, trifft ihn auch die Pflicht, die für ihn günstigen Tatsachen darzulegen und zu beweisen (sogenannte Darlegungs- und Beweislast) – also auch die Beweispflicht nach einem Wildunfall. Kann er das nicht, geht es zu seinen Lasten. Fordert der Fahrer aufgrund eines Wildunfalls Geld von der Versicherung, muss er folglich auch die Beweise dafür erbringen, dass der Zusammenstoß mit dem Tier ursächlich für den Unfall und den Schaden am Auto war.

Mögliche weitere Beweise: Das AG München stellte in dem Fall hinsichtlich der Beweispflicht bei einem Wildunfall klar, dass der Pkw-Halter für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Versicherung weitere Beweise erbringen müsse:

Der Kläger hat keinen Zeugen, der den Unfallhergang beobachtet hat. Der Kläger hat auch keine Fotos am Unfallort gefertigt oder von den Polizeibeamten fertigen lassen. Außerdem hat der das Fahrzeug verkauft und dieses wurde anschließend verschrottet. Insofern hat er es vereitelt, dass ein Gerichtssachverständiger weitere Überprüfungen vornehmen konnte.

Auszug aus dem Urteil des AG München vom 22.08.2024 (Az. 123 C 13553/23)

In diesem Video bekommen Sie mehr Informationen über den Wildunfall!

Video zum Wildunfall

Weiterführende Ratgeber zum Thema Wildunfall:

Werden die schlauen Jäger auf der Futtersuche unachtsam, kann es passieren, dass ein Fuchs überfahren wird.

Füchse sind mittlerweile in den Städten heimisch. Die Nähe zum Menschen kann aber zum Problem werden, wenn die Tiere spontan die Straße überqueren und es zu einem Unfall mit Fuchs kommt. Was dann gilt, erfahren Sie hier. » Weiterlesen...

Muss ich einen Unfall melden, wenn ich ein Reh angefahren habe, aber kein Schaden entstanden ist?

Läuft ein Reh vor das Auto, ist dies für alle Beteiligten ein großer Schock. Wie Sie sich in einer solchen Situation verhalten müssen, wer über einen solchen Wildunfall zu informieren ist und wer für die Schäden haftet, erfahren Sie hier. » Weiterlesen...

Es ist keine Seltenheit, dass auf deutschen Straßen ein Wildschwein bei einem Unfall ums Leben kommt.

Ein Unfall mit einem Wildschwein kann sowohl für das Tier als auch die den Autofahrer weitreichende Folgen haben. Wie Sie sich in einem solchen Fall verhalten müssen und wer den Schaden am Auto zahlt, lesen Sie hier. » Weiterlesen...

Quellen und weiterführende Links

Über den Autor

Female Author Icon
Franziska S.

Franziska hat an der Humboldt-Universität zu Berlin Rechtswissenschaften studiert. Sie ist seit 2024 Teil des Teams von bussgeldkatalog.org und erstellt Ratgeber zu unterschiedlichen Themen des Verkehrsrechts.

Bildnachweise

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (26 Bewertungen, Durchschnitt: 4,60 von 5)
Loading ratings...Loading...

Das könnte Sie auch interessieren:

Verfassen Sie einen neuen Kommentar