Touchscreen-Bedienung während der Fahrt: Drohen Bußgelder?
Veröffentlichungsdatum: 24. Februar 2022
Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Moderne Autos gleichen inzwischen mehr Computern auf Rädern. Die Bedienung von Radio, Navigation & Co. läuft dabei immer öfter über eingebaute Touchscreens in der Mittelkonsole. Doch auch Klimaanlage, Scheibenwischer und andere wesentliche Funktionselemente des Fahrzeugs lassen sich mittlerweile häufig über diese bedienen. Aber ist die Touchscreen-Bedienung während der Fahrt überhaupt uneingeschränkt erlaubt oder sind doch Bußgelder möglich?
Ablenkung durch Touchscreen-Bedienung während der Fahrt: Nutzung aber nicht generell verboten
Seit der Neufassung des § 23 Abs. 1a Straßenverkehrsordnung (StVO) im Jahre 2017 ist nicht mehr nur die verbotswidrige Nutzung von Mobiltelefonen am Steuer sanktioniert. Bußgelder können auch dann drohen, wenn andere elektronische Geräte zur Kommunikation, Information oder Organisation unzulässig verwendet werden. Damit erfasst der Paragraph mittlerweile u. a. auch Navigationsgeräte, Radios, Touchscreens & Co. Das gilt selbst dann, wenn der Nutzer diese für den Gebrauch nicht aufnehmen muss, sie also zum Beispiel fest im Auto verbaut sind. Ist die erforderliche Dauer der Blickzuwendung bei der Bedienung nicht an die jeweiligen Umstände angepasst, kann also ein Bußgeld drohen:
(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn
1. hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
2. entweder
a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.
(§ 23 Abs. 1a Satz 1 StVO)
Die Nutzung des Touchscreens im Auto ist also zum Beispiel dann nicht untersagt, wenn lediglich ein flüchtiger Blick für die Bedienung erforderlich ist, der den Fahrer nicht in erheblicher Weise vom Verkehrsgeschehen ablenkt. Die Bedienung ist damit nicht grundsätzlich untersagt, es kommt auf die jeweiligen Begleitumstände an.
Eine zu lange Ablenkung durch die Touchscreen-Bedienung während der Fahrt kann dennoch durchaus im Einzelfall ein Bußgeld auf Grundlage von § 23 Abs. 1a StVO nach sich ziehen, wie der folgende Fall zeigt.
Welche Bußgelder können bei unzulässiger Touchscreen-Bedienung am Steuer drohen?
Beschreibung | Bußgeld | Punkte | FahrverbotFVerbot | Lohnt ein Einspruch? |
---|---|---|---|---|
Als Kraftfahrer ein elektronisches Gerät zur Kommunikation, Information oder Organisation während der Fahrt unzulässig genutzt | 100 € | 1 | Hier prüfen ** | |
... mit Gefährdung | 150 € | 2 | 1 Monat1 M | Hier prüfen ** |
... mit Sachbeschädigung | 200 € | 2 | 1 Monat1 M | Hier prüfen ** |
Scheibenwischerintervall per Touchscreen-Bedienung einstellen: Tesla-Fahrer verurteilt
Der Fahrer eines Teslas war bei strömendem Regen unterwegs. Die Scheibenwischer am Fahrzeug ließen sich wie üblich über das Lenkrad bzw. Schalthebel einschalten. Doch für die Einstellung des Intervalls, in dem die Scheibenwischer funktionierten, war die Touchscreen-Bedienung während der Fahrt erforderlich. Hierzu musste der Fahrer zunächst im Menü den entsprechenden Punkt auswählen und in einem Untermenü zwischen fünf verschiedenen Intervallstufen wählen. Die Sprachsteuerung hatte er dabei nicht genutzt. Während er dies tat, kam er von der Straße ab und landete im Straßengraben.
Die Bußgeldbehörde verhängte ein Bußgeld in Höhe von 200 Euro gegen ihn sowie ein einmonatiges Fahrverbot. Grundlage hierfür bildete § 23 Abs. 1a StVO. Auch zwei Punkte in Flensburg drohten. Der Fahrer erhob Einspruch gegen den Bußgeldbescheid. Die Begründung: Die Touchscreen-Bedienung während der Fahrt sei in seinem Fall nicht durch § 23 Abs. 1a StVO erfasst. Da er über den Screen das Scheibenwischerintervall einstellte, handele es sich um ein “sicherheitstechnisches Bedienteil”. Die Gerichte hingegen folgten der Begründung nicht, da alle Funktionen des Gerätes einheitlich zu behandeln seien. Einzelne Anwendungen könnten nicht losgelöst betrachtet werden.
Das OLG Karlsruhe bestätigte abschließend die Sanktionen gegen den Tesla-Fahrer: 200 Euro, zwei Punkte in Flensburg, ein Monat Fahrverbot (Beschluss vom 27.03.2020, Aktenzeichen 1 Rb 36 Ss 832/19). Für den Hersteller selbst hatte dieses Urteil keine Konsequenzen, doch es zeigt, dass auf Seiten der Produzenten auch diesbezüglich Anstrengungen erforderlich sind. Bedienelemente, wenn sie denn schon per Touchscreen-Bedienung während der Fahrt ausgeführt werden müssen, sollten leichter zugänglich sein und nicht erst über mehrere Menüpunkte erreichbar.
Tipps für die legale Touchscreen-Bedienung während der Fahrt
- Richten Sie die Routenführung des Navigationsgerätes am besten vor Fahrtantritt ein.
- Nutzen Sie, sofern vorhanden, die Funktion der Sprachsteuerung.
- Verzichten Sie auf unnötige Einstellungen während der Fahrt bzw. prüfen Sie, ob Ihnen neben der Sprachsteuerung Alternativen z. B. über Lenkradsteuerung, Schalthebel etc. zur Verfügung stehen.
- Ist eine längere Blickabwendung bei der Touchscreen-Bedienung während der Fahrt erforderlich? Halten Sie ggf. an einer zulässigen Stelle an (Parkplatz, Raststätte o. Ä.), um die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen.
- Setzen Sie sich vorab intensiv mit der Menüführung des Gerätes auseinander, um ggf. schneller und ohne lange Blickabwendung zu den erforderlichen Einstellungen zu gelangen.
- Haben Sie einen Beifahrer, lassen Sie diesen ggf. die notwendigen Einstellungen vornehmen.
- Verzichten Sie im Zweifel! In den wenigsten Fällen ist die Touchscreen-Bedienung während der Fahrt wirklich erforderlich.
Ein Fahrzeug, welches Radio-, Klima- oder gar Scheibenwischereinstellungen per Touchscreen erfordert, kommt mir überhaupt nicht vor die Tür –
da würde ich ‘verrückt’ ! Die Ingenieure, welche solchen Quark auf den Markt bringen, sollten sich mal an ihrem Holzkopf klopfen. Gibt es denn
keine Abteilung in einer Autofabrik, welche alles auf Praxistauglichkeit prüft und genehmigt bzw. verwirft ? Sicher dem Rotstift zum Opfer gefallen ?!
Gibt es da etwa eine Regelung, wonach a l l e s , was technisch möglich ist, auch in Serie gehen muss ? Gehirne sind zum nutzen da !!
Na ja, wer sich, wie Sie, wie ein derartiger Hampelmann an der Tastatur aufführt, sollte sowieso kein Auto fahren.