Prozesskosten: Was kostet ein Prozess?
Letzte Aktualisierung am: 19. August 2024
Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten
Welche Kosten fallen im Prozess an?
Ein Streit mit dem Nachbarn, ein plötzlicher Unfall im Straßenverkehr, Probleme mit dem Vermieter oder aber ein kaputter Wagen in der Garage. Den Ursachen und Gründen für einen Rechtsstreit sind nahezu keine Grenzen gesetzt. Tagein, tagaus streiten sich Menschen über Rechtsfragen unterschiedlichster Natur. Dabei ist es leider keine Seltenheit, dass es den Parteien dann nicht gelingt, ihre Differenzen gütlich und außergerichtlich beizulegen.
Oftmals sind die Fronten schon so verhärtet und die Gemüter derartig erhitzt, dass der Weg vor ein Gericht beinahe unumstößlich wird. Wer diesen schon einmal einschlagen musste, der weiß: Hier fallen auf jeden Fall Kosten an.
Doch was kostet ein Prozess überhaupt? Woraus setzen sich die sogenannten Prozesskosten im Einzelnen zusammen? Wie lassen sich die Prozesskosten ermitteln und welche der Parteien muss sie am Ende des Verfahrens eigentlich tragen? Für viele ist das Thema mehr als unübersichtlich und zudem auch immer wieder ein abschreckender Faktor, überhaupt ein Verfahren vor Gericht anzustrengen.
Im Folgenden haben wir einige wichtige Informationen rund um das Thema Prozesskosten für Sie zusammengestellt. Dabei bezieht sich der Ratgeber in erster Linie auf das Thema Prozesskosten im Zivilprozess. In einem Abschnitt weiter unten finden Sie gesonderte Informationen über Prozesskosten im Rahmen eines Strafverfahrens in aller Kürze.
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Inhaltsverzeichnis:
Die Kosten für ein gerichtliches Verfahren ergeben sich maßgeblich aus den Gerichtskosten und den Anwaltskosten. Hinzu kommen können im Einzelfall auch Gutachterkosten u. a.
Die Gerichtskosten ergeben sich maßgeblich aus dem Streitwert im Einzelfall. Er bildet die Grundlage für die Bemessung der Gerichtsgebühren (anhand des Gerichts- und Notarkostengesetzes – GNotKG). Die Gerichtskosten setzen sich zusammen aus der Gerichtsgebühr und den Auslagekosten.
Wer einen Anwalt mit der gerichtlichen Vertretung beauftragt, muss für dessen Tätigkeit in der Regel auch aufkommen. Die Kosten sind dabei ebenso in aller Regel abhängig von dem Streitwert des Verfahrens. Die Gebühren ergeben sich dann aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder einer Kostenvereinbarung mit dem Anwalt.
Personen, die die Kosten für ein gerichtliches Verfahren nicht aufbringen können, haben ggf. Anspruch auf Prozesskostenhilfe.
Prozesskosten – Definition des Begriffes
Wer sich mit dem Gedanken auseinandersetzt, einen Prozess vor Gericht zu führen, der stellt sich unter Umständen die Frage: „Was sind überhaupt Prozesskosten?“
Unter dem Begriff der Prozesskosten sind zunächst diejenigen Aufwendungen einer Partei zu verstehen, die diese für die Führung eines Rechtsstreites benötigt.
Sie setzen sich einerseits zusammen aus den sogenannten Gerichtskosten und andererseits aus den außergerichtlichen Kosten.
Gesetzliche Regelungen zum Thema Prozesskosten enthalten insbesondere die Vorschriften §§ 91 bis 107 der Zivilprozessordnung (kurz: ZPO).
Was fällt unter den Begriff der außergerichtlichen Kosten?
Die außergerichtlichen Kosten sind diejenigen finanziellen Aufwendungen, die einer Partei im Vorfeld eines Gerichtsprozesses entstehen und die zur Vorbereitung des Prozesses, jedoch nicht im Prozess selbst, erforderlich waren. Hierunter fallen die vorgerichtlichen Anwaltskosten, die Reisekosten einer Partei sowie die Kosten für die Erstellung von eventuell erforderlichen Sachverständigengutachten.
Zusammengefasst fallen in den Bereich der außergerichtlichen Kosten also:
- Anwaltskosten
- Reisekosten einer Partei
- Kosten für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens
- ggf. Kosten für mitwirkende Patentanwälte
Was fällt unter den Begriff der Gerichtskosten?
Die Gerichtskosten hingegen setzen sich zusammen aus den gerichtlichen Gebühren sowie den gerichtlichen Auslagen. Rechtliche Grundlage für die Erhebung der Gerichtskosten sind das Gerichtskostengesetz (GKG), das Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG), das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) sowie weitere Nebengesetze.
Dabei beziehen sich die Gebühren auf die Tätigkeit des Gerichtes als solche. In der Regel fallen sie für bestimmte Verfahrensabschnitte an.
Wonach bemisst sich die Höhe der jeweiligen Prozessgebühr?
Die Höhe der Gerichtsgebühr hängt zum einen davon ab, welche Aufwendungen dem Staat in dem jeweiligen Prozess tatsächlich erwachsen sind. Zum anderen richtet sich die Höhe der Gebühr nach dem jeweiligen Streitwert.
Beziehen sich die Prozesskosten auf die einzelnen Instanzen?
Grundsätzlich fallen für jede Instanz (erste Instanz, Berufung, Revision) gesonderte Prozesskosten an. Die Prozesskosten von Berufung und erster Instanz werden also nicht zusammengewürfelt oder angerechnet.
In der Regel nehmen im Rahmen einer Revision oder einer Berufung die Gerichtskosten zu, denn die Faktoren für für die Verfahrens- und Terminsgebühren steigen von Instanz zu Instanz an.
Ablauf in der Praxis
In der Praxis spricht das Gericht am Ende eines Prozesses im Rahmen seiner abschließenden Entscheidung eine sogenannte Kostengrundentscheidung aus.
Darin wird dann genau festgelegt, welche Partei die Prozesskosten in welcher Höhe zu tragen hat.
Derjenige, dem die Kosten auferlegt wurden, wird als Kostenschuldner bezeichnet. Ihm geht nach dem Gerichtskostengesetz sodann eine Kostenrechnung zu.
Der anderen Partei wiederum entsteht aufgrund der Kostengrundentscheidung ein sogenannter prozessualer Kostenerstattungsanspruch. Diesen kann er dadurch geltend machen, dass er einen sogenannten Kostenfestsetzungsbeschluss beantragt. Der Verfahrensabschnitt wird als Kostenfestsetzungsverfahren bezeichnet. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in der Vorschrift des § 104 ZPO. Erlassen wird der Kostenfestsetzungsbeschluss dann vom Gericht des ersten Rechtszuges. Zuständig ist dort wiederum der Rechtspfleger.
Im Kostenfestsetzungsbeschluss werden die Kosten dann im Einzelnen der Höhe nach festgesetzt.
Wer trägt die Prozesskosten?
Im Zivilprozess gilt in der Regel, dass die im Rechtsstreit unterliegende Partei die Prozesskosten zu tragen hat. Normiert ist dieser Grundsatz in § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO.
Im Falle eines teilweisen Obsiegens bzw. Unterliegens, werden die Kosten entweder gegeneinander aufgehoben oder aber verhältnismäßig aufgeteilt.
Werden die Kosten gegeneinander aufgehoben, trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst und die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte.
Sofern die Kosten hingegen verhältnismäßig aufgeteilt werden, ermittelt das Gericht hingegen eine Quote. So kann die Kostenentscheidung beispielsweise lauten: „Von den Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3“.
Was passiert mit den Prozesskosten im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses?
Im Falle eines sogenannten sofortigen Anerkenntnisses fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, sofern der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt und nicht durch sein vorheriges Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Wer trägt die Prozesskosten bei einer Erledigung der Hauptsache?
Tritt der Fall einer sogenannten Erledigung im Sinne des § 91 a ZPO ein, entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss und liegt im jeweiligen Ermessen des Gerichtes.
Was geschieht mit den Prozesskosten im Falle eines Vergleiches?
Sofern sich die Parteien dazu entschließen, den Prozess mittels eines Vergleiches zu beenden, werden über die Prozesskosten individuelle Vereinbarungen getroffen. Sie können zum Beispiel vereinbaren, dass sie sich die Gerichtskosten teilen und jeder seine eigenen Anwaltskosten trägt. Sollten die Parteien sich jedoch trotz des Vergleiches in der Hauptsache nicht über die Prozesskosten einigen, können sie auch diesbezüglich eine gesonderte Entscheidung des Gerichtes fordern.
Prozesskostenhilfe – Wann kann sie beansprucht werden?
Viele Betroffene hält das Thema Prozesskostenrisiko bereits im Vorfeld davon ab, einen Gerichtsprozess einzuleiten. Für einige Parteien, die wirtschaftlich außerstande sind, die finanziellen Belastungen eines Prozesses zu stemmen, besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen. So darf beispielsweise die Rechtsverfolgung nicht mutwillig sein.
Ferner muss der Betroffene nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen als „bedürftig“ im Sinne des Gesetzes gelten.
Kommt eine Rechtsschutzversicherung für Prozesskosten auf?
Sofern Sie eine Rechtschutzversicherung abgeschlossen haben, übernimmt diese für den Fall einer Zahlungsverpflichtung in der Regel die gesetzlich vorgesehenen Anwaltsgebühren, die Gerichtskosten und zudem die Kosten der gegnerischen Partei. Sollten Sie allerdings mit Ihrem Anwalt eine gesonderte Honorarvereinbarung getroffen haben, zahlt die Rechtsschutzversicherung lediglich die Differenz zu den gesetzlichen Anwaltsgebühren.
Sind die Prozesskosten steuerlich absetzbar?
Kosten für einen Zivilprozess können von der Steuer abgesetzt werden, sofern der Rechtsstreit die Existenz des jeweils betroffenen Steuerzahlers gefährdet.
Wenn Sie jemanden zivilrechtlich verklagen, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen sowohl Anwalts- als auch Gerichtskosten als sogenannte „außergewöhnliche Belastung“ von der Steuer absetzen. Dabei darf dann allerdings die Klage nicht mutwillig sein und der Prozess muss hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Wer also einen Prozess „vom Zaun bricht“, kann diesen nicht steuerlich geltend machen.
Prozesskosten im Strafprozess
Gesetzliche Regelungen über die anfallenden Kosten innerhalb eines Strafverfahrens enthält § 465 der Strafprozessordnung (kurz: StPO). Danach hat der Angeklagte die Verfahrenskosten im Strafprozess zu tragen, sofern sie dem Gericht aufgrund einer Tat entstanden sind, wegen der er verurteilt wurde.
Gleiches gilt, wenn das Verfahren mit der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung endet oder aber der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wurde oder das Gericht von einer Strafe absieht.
Von diesem Grundsatz gibt es jedoch eine Ausnahme für Fälle, in denen seitens des Gerichts Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender und entlastender Umstände angeordnet wurden und diese zugunsten des Angeklagten ausgegangen sind.
In diesem Fall hat das Gericht die dadurch entstandenen Auslagen ganz oder teilweise der Staatskasse aufzuerlegen, sofern es dem Einzelfall nach als unbillig anzusehen wäre, den Angeklagten mit diesen Kosten zu belasten. Dies gilt namentlich für Fälle, in denen der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile der Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. In diesen Fällen hat der Staat die Auslagen für eben jene Teile zu tragen.
Im Falle eines Freispruchs übernimmt die Staatskasse die Kosten vollständig.
Kann die Kostenentscheidung im Strafverfahren beanstandet werden?
Gegen eine Kostenentscheidung im Strafprozess kann der Verurteilte innerhalb einer Frist von einer Woche die sofortige Beschwerde einlegen (§§ 464 Absatz 3, 311 StPO)
Prozesskosten im Jugendgerichtsverfahren
In Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende (bis 21 Jahre) wird davon abgesehen, diesen die Kosten eines Prozesses aufzuerlegen. Zum einen liegt der Grund hierfür in pädagogischen Gesichtspunkten.
Denn insbesondere in Strafverfahren gegen Jugendliche steht der Gedanke nach Erziehung im Vordergrund und weniger der eine Bestrafung.
Zudem verfügen Jugendliche im Regelfall über kein festes und regelmäßiges Einkommen.
Fazit
Das Thema Prozesskosten ist durchaus facettenreich und vielschichtig. Prozesskosten setzen sich aus verschiedenen Positionen zusammen und sind mitunter abhängig vom Streitwert der jeweiligen Sache.
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