Schuldanerkenntnis nach einem Unfall: Eine gute Idee?
Letzte Aktualisierung am: 24. August 2024
Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten
Nach einem Verkehrsunfall ein Schuldanerkenntnis unterschreiben? Besser nicht!
Wenn es im Straßenverkehr kracht, sind alle Beteiligten meist nervlich angegriffen und stehen nicht selten unter Schock.
In dieser Situation ist genau jenes Verhalten gefragt, welches so schwer fällt: Ruhig und sachlich bleiben. Schuldzuweisungen oder gar Beschimpfungen den anderen Beteiligten gegenüber führen lediglich zu Komplikationen in einer ohnehin angespannten Lage.
Experten raten dazu, am Unfallort kein Schuldanerkenntnis zu geben oder gar zu unterschreiben.
Auch wenn ein solches Schuldbekenntnis vor Gericht meist keinen Bestand hat, kann Ihre Versicherung unter Umständen den Schutz verweigern.
In diesem Ratgeber finden Sie alle relevanten Informationen rund um die Schuldfrage beim Autounfall.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Schuldanerkenntnis
Ein abstraktes Schuldanerkenntnis begründet einen neuen Anspruch des Unfallgeschädigten neben seinem eigentlichen Schadensersatzanspruch. Das deklaratorische Anerkenntnis bestätigt hingegen nur eine bereits bestehende Schuld/Verbindlichkeit.
Schlimmstenfalls bringen Sie sich damit um Ihren Versicherungsschutz, weil sich die Versicherung dann weigern kann zu zahlen. Ihrem Unfallgegner hingegen nützt es, weil er dadurch einen Beweisvorteil erlangt – selbst für den Fall, dass Sie doch keine (voll) Schuld am Unfall tragen.
Nein, niemand kann Sie dazu zwingen, auch nicht die Polizei. Denn kein Mensch ist verpflichtet, sich selbst zu belasten.
Ein Schuldeingeständnis nach einem Unfall abgeben: Was bedeutet das im Verkehrsrecht?
Viele Fahrer denken, wenn der Unfallgegner seine Schuld vor Ort zugibt, sei für den Autounfall die Schuldfrage geklärt. Doch dabei liegen sie falsch. Ein Schuldeingeständnis nach einem Unfall ist nämlich meist nicht rechtlich bindend.
Abstraktes oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis?
Im Recht wird zwischen zwei Formen des Schuldanerkenntnisses unterschieden:
- Abstraktes (oder konstitutives) Schuldanerkenntnis
- Kausales (oder deklaratorisches) Schuldanerkenntnis
Bei ersterem handelt es sich um einen schriftlichen Vertrag, welcher die eigentlichen Umstände des Kfz-Unfalls im Folgenden als irrelevant kennzeichnet. Liegt ein solches Anerkenntnis vor, ist es bindend – unabhängig von der Schuldfrage. Diese Form des Eingeständnisses kann widerrufen werden, allerdings obliegt in diesem Fall dem Schuldner die Beweispflicht.
Ein kausales Schuldanerkenntnis tritt zur Klärung oder Schlichtung eines Streits auf. Auch nach einer ausgedehnten Diskussion kann es zu dieser Form der Anerkenntnis kommen.
Es besteht kein Anspruch auf ein Schuldanerkenntnis nach einem Verkehrsunfall
Auch wenn Sie überzeugt sind, an einem Unfall Schuld zu sein, sollten Sie von einem Schuldbekenntnis absehen.
Ihr Unfallgegner hat Ihnen gegenüber nämlich laut Verkehrsrecht keinerlei Anspruch auf eine solche Erklärung.
Zudem ist es möglich, dass Ihre Einschätzung der Situation keineswegs zutrifft. Beispiel: Sie fuhren unaufmerksam, weil Ihre Kinder auf dem Rücksitz weinten. Es kommt zu einem Autounfall.
Sie sind sich sicher, dass Ihre Unaufmerksamkeit Schuld an dem Unfall ist. Doch was, wenn der andere Fahrer beispielsweise die Vorfahrt missachtet hat?
Hinzu kommt, dass Unfallbeteiligte oftmals unter Schock stehen und umso weniger in der Lage sind, eine objektive Beurteilung vorzunehmen.
Dies ist unter anderem die Aufgabe der Polizei. Im Zweifel sollten Sie diese daher auch einschalten.
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Das Schuldeingeständnis nach einem Autounfall: Folgen
In der Aufregung des Unfallmoments geäußerte Sätze wie „ich bin Schuld“, „ich habe nicht aufgepasst“ o.Ä. gelten vor Gericht nicht als Schuldanerkenntnis, sondern lediglich als einseitiges, nicht bindendes Bekenntnis. Das OLG Düsseldorf bestätigte dies beispielweise in einem Urteil (Az. I – 1 U 246/07).
Die Bemerkungen desjenigen gelten aber immerhin als Beweise, wenn für den Unfall die Schuldfrage geklärt werden soll. In manchen Fällen führen sie sogar zur Beweislastumkehr – dazu an späterer Stelle Näheres. Es ist daher anzuraten, auch von einer solchen Erklärung abzusehen.
Wann wird nach einem Unfall ein Schuldanerkenntnis bindend?
Achtung: Ein Schuldanerkenntnis ist nach einem Autounfall nicht per se rechtlich ungültig. Folgende Aspekte sprechen für ein bindendes Anerkenntnis:
- Äußerungen bezüglich der Haftung für den Unfall – etwa „ich übernehme den entstandenen Schaden”
- Schriftlich verfasstes Eingeständnis
- Vorausgehende Diskussion über das Thema der Schuldfrage
- Längerer Zeitraum zwischen Unfall und Erklärung
Bei einem Schuldanerkenntnis sind Form und Umstände demnach relevant.
Was bedeutet das Schuldanerkenntnis für die Versicherung?
Viele Versicherungen verweigern die Kostenübernahme, wenn ihre Kunden vorab ein Schuldanerkenntnis abgegeben haben. Versicherungsnehmer sind nämlich dazu verpflichtet, die Zahlungen der Versicherung auf Schäden zu reduzieren, die er auch wirklich verursacht hat.
Ein rechtlich gültiges Schuldanerkenntnis ist nach einem Unfall bindend und kann unter Umständen Schäden mit einbeziehen, die nicht alleinig von dem Versicherten verschuldet wurden. In diesem Fall muss die Versicherung bei der Schadensregulierung nicht einspringen.
Der Beweisvorteil für den Unfallgegner
Geben Sie am Unfall eine sich selbst belastende Erklärung ab, kann daraus meist kein rechtlich bindender Anspruch entstehen. Allerdings sichern Sie Ihrem Unfallgegner auf diesem Weg einen großen Vorteil in der Beweisführung.
Eine solche Erklärung kann nämlich dazu führen, dass sich der Geschädigte auf das Schuldanerkenntnis verlässt und die Polizei zur weiteren Beweissicherung nicht ruft.
Widerrufen Sie Ihre Äußerungen anschließend, entsteht Ihrem Unfallgegner ein unfairer Schaden: Er hat bereits auf eine ausführliche Beweisaufnahme durch die Polizei verzichtet.
Aus diesem Grund greift oftmals das Prinzip der Beweislastumkehr: Um Ihre Äußerung zu widerrufen, müssen Sie deren Unrichtigkeit beweisen. Je genauer und präziser das ursprüngliche Schuldanerkenntnis formuliert war, desto schwieriger wird dies.
Rechtsprechung
Oftmals wurde die Frage nach der rechtlichen Gültigkeit eines schnell daher gesagten Schuldbekenntnis vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt. Im Folgenden finden Sie einige Beispiele:
- Liegen dem Bekenntnis keine vorausgehende Diskussionen vor, ist es nicht bindend. (BGH, Az. IV ZR 222/74)
- Die Sätze „Ich bin Verursacher“ und „Ich bin allein schuld“ sind, sofern sie nicht anderweitig ergänzt werden, nicht bindend (BGH, Az. Respektive VI ZR 304/79 und VI ZR 64/82).
Fazit: Nur Versicherungs- und Personendaten austauschen
Hüten Sie sich davor, eine Schuld nach einem Unfall einzugestehen. Durch ein solches Bekenntnis drohen Ihnen schwerwiegende Nachteile.
Nach einem Autounfall sollten Sie lediglich ein Unfallprotokoll wahrheitsgemäß ausfüllen und ggf. eine Unfallskizze anfertigen. Auch die an ihrem Fahrzeug entstandenen Schäden sollten Sie hierbei notieren. Die Schuldfrage wird zu einem späteren Zeitpunkt geklärt.
Denken Sie auch daran, mit dem Unfallgegner die Personen und Versicherungsdaten auszutauschen. Zudem sollten Sie den Unfall Ihrem Versicherer so schnell wie möglich melden.
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Hallo, ich hatte diese Woche einen Aufprallunfall, meine Brensen haben auf der nassen Straße versagt und der Bremsweg klappte nicht, so dass ich ins Heck des Autos vor mir geprallt habe. Wir haben auf einen Unfallbericht ausgefüllt, es meiner Versicherung gemeldet und auf die Polizei gewartet. Er fragte mich, wie es passiert ist, ich sagte wahrheitsgemäß dass mein Auto beim bremsen weiter rutschte. Er darauf hin, dass er mir mitteilen muss, dass ich dann die Schuld habe und fragte, ob ich die Schuld zugebe, das habe ich weil ich verunsichert war und dachte, die Polizei entscheidet über die Schuldfrage. Er hat sich alles notiert und sagte, dass ich demnächst ein Verwarnungsgeld Bescheid bekomme, vermutlich über 35€. Er hat keinen Bericht angefertigt, gab mir nur die kleine Karte mit dem Aktenzeichennummer und ich habe nichts unterschrieben.
Im Nachhinein habe ich recherchiert und las, dass meine Haftpflicht nun u. U. die Schadensregulierung für den Schaden an dem anderen Auto verweigern kann, weil ich meine Schuld anerkannt habe und habe natürlich Angst bekommen, denn ich bin knapp bei der Kasse und würde es mir gar nicht leisten können. Wie sehen Sie das?
Da die Ursache des Unfalls mein Bremsweg war und damit ggf. die Lage eindeutig wäre, würde mein Zugeständnis trotzdem bedeuten, dass die Versicherung nicht bezahlt, oder nur wenn ein Gutachter sagt, dass eine Mitschuld des Unfallgegners wahrscheinlich wäre?
Ich habe meine Versicherung kontaktiert, um zu fragen, wie die Lage jetzt ist, bekam aber noch keine Antwort. Dazu möchte ich noch dagen, dass ich meine Schuld bei dem Unfallgegner nicht zugegeben habe, nur dann als der Polizist mich fragte. Und ich sagte nur “ja”, habe auch keine Äußerungen dazu gemacht, dass ich alleine die Schuld trage, für den Schaden aufkomme oder ähnliches.
Dem Unfallgegner keinerlei Aussagen machen, das ist soweit klar.
Was ist aber, wenn die Polizei auf Anraten der Versicherung den Unfall aufnehmen soll. Ich wurde nach Erstellung des Unfall Protokoll regelrecht genötigt, Aufgrund des Anscheinsbeweises, das Protokoll zu unterschreiben, in dem stand, dass ich als der Aufgefahrene schuld am Unfall sei, obwohl mein Vordermann grundlos vor einer roten Fußgänger Ampel anhielt, obwohl dort gar keine Fußgänger anwesend waren.
O-Ton der Polizei: “Wer auffährt hat Schuld, unzureichender Sicherheitsabstand”. Das mag sein, trotzdem darf aber auch nicht grundlos angehalten und dadurch ein Auffahrunfall provoziert werden. Man ließ mir die Wahl zwischen Schuldeingeständnis und 35€ Bußgeld, oder Anzeige wegen Verkehrsverstoß mit höherem Bußgeld und Punkten in Flensburg, sowie Staatsanwaltlicher Ermittlungen.
Ich hab lieber die 35€ gewählt. Keiner weiß ja, wie die Gerichte entscheiden. Man hört da teilweise sehr kurioses. Am Ende sind die Anwalts- und Gerichtskosten höher als der Unfallschaden.
Was also tun, wenn einen die Polizei zur Unterschrift bittet /nötigt?
Dazu würde ich grundsätzlicherweise nie etwas aussagen. Polizisten drängen einen aber gerne zu solchen Aussagen, spart denen die Arbeit. Generell, das habe ich sowohl mit Auto, als auch mit LKW erfahren, bewegen sich die Beamten am Rande der Strafbarkeit. Denn jemand zu einem Schuldeingeständnis überreden zu wollen, geht teilweise in den Bereich der Nötigung. Erst recht, wenn mit höheren Strafen und Gerichtskosten gedroht wird. Deshalb sollte man die Angaben auf Personalien beschränken und zu allen anderen Fragen aussagen: ” Dazu möchte ich mich jetzt nicht äußern!” Nicht einschüchtern lassen.
Mir selber wurde auf die Aussage hin mit einer Mitnahme auf die Wache gedroht! Auf die Gegenfrage, ob der Polizist bereit sei, mir die Verweigerung meines Rechts auf Freiheit und Nichtaussage und die damit durch ihn begangene Freiheitsberaubung schriftlich mit Unterschrift zu geben, herrschte auf einmal betretenes Schweigen. Mitgenommen wurde ich nicht, Bußgeld bekam ich keines, nur die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Beamten tat ihm im Anschluss mehr weh!
Unsere Polizisten haben einen Scheiß Job, ich möchte diesen nicht machen! Und ich unterstütze unsere Polizei, wo ich nur kann.
Aber gerade die Hüter der Gesetze müssen sich ebenfalls dran halten!
Hallo,am3.7.18 passiert mit mir umfal , ich bin rückwärts gefahren und die anderen Auto erwischt, ich war schockiert mit mir noch nicht sowas passiert, ich war gleich in Panik und ganze Schuld auf mich selbst genommen, und noch schriftlich gemacht was passiert jetzt?
Hallo Swetlana,
bitte wenden Sie sich an einen Anwalt.
Die Redaktion von bussgeldkatalog.org