Unklare Verkehrslage – das sollten Sie beachten

Von Thomas R.

Letzte Aktualisierung am: 23. August 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Wieso das Überholen bei unklarer Verkehrslage so hart bestraft wird

Unklare Verkehrslage: Eine gesetzliche Definition gibt es nicht.
Unklare Verkehrslage: Eine gesetzliche Definition gibt es nicht.

Wann eine unklare Verkehrslage vorliegt, ist in der Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht genau definiert. In § 5 StVO wird sie zwar erwähnt, aber nur im Zusammenhang mit dem Überholen. Dies ist bei unklarer Verkehrslage nämlich nicht erlaubt.

Häufig hängt eine unklare Verkehrslage außerdem mit einer zu hohen Geschwindigkeit im Verkehr zusammen. Sind Sie allgemein zu schnell unterwegs und überholen zudem bei unklarer Verkehrslage, setzen Sie nicht nur sich, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer einer großen Gefahr aus.

Wann es sich – basierend auf diversen Urteilen – um eine unklare Verkehrslage handelt, was Sie in einer solchen Situation in jedem Fall beachten sollten und welche Sanktionen der Bußgeldkatalog vorsieht, wenn Sie bei unklarer Verkehrslage überholen oder abbiegen, erfahren Sie in folgendem Ratgeber.

FAQ: Unklare Verkehrslage

Was ist mit „unklarer Verkehrslage” gemeint?

Es gibt keine gesetzlich festgelegte Definition. Urteilen zufolge ist die Verkehrslage z. B. dann unklar, wenn nicht absehbar ist, ob der Überholvorgang ohne Gefährdung durchgeführt werden kann.

Mit welchen Sanktionen muss ich rechnen, wenn ich trotz unklarer Verkehrslage überhole?

Es kommt ein Bußgeld von 100 bis 150 Euro infrage. Außerdem ist ein Punkt in Flensburg vorgesehen.

Kann das Überholen bei unklarer Verkehrslage als Straftat gelten?

Ja, wenn Sie dabei den Tatbestand einer Verkehrsstraftat erfüllen (z. B. Gefährdung des Straßenverkehrs).

Wann liegt eine unklare Verkehrslage vor?

Wann genau die Lage im Verkehr laut Verkehrsrecht als unklar einzuschätzen ist, wird von diversen Oberlandesgerichten (OLG) auf die eine oder andere Art und Weise beantwortet.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf beispielsweise definiert sie wie folgt:

Unklar ist die Verkehrslage, wenn nach allen Umständen mit ungefährdendem Überholen nicht gerechnet werden darf.“
(OLG Düsseldorf 11.07.2005)

Ein etwas neueres Urteil des Oberlandesgerichtes Dresden aus dem Jahr 2015 besagt Folgendes:

Leitet ein Kradfahrer in einer Fahrzeugkolonne einen Überholvorgang ein, obwohl die vor ihm befindliche Fahrzeugschlange ihre Geschwindigkeit bereits verkehrsbedingt vermindert hatte, ist von einem Überholen bei unklarer Verkehrslage auszugehen.“
(OLG Dresden 18.02.2015)

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass eine unklare Verkehrslage im Verkehrsrecht vor allem dann vorliegt, wenn nicht genau gesagt werden kann, wie sich ein anderer Verkehrsteilnehmer mit seinem Fahrzeug verhalten wird bzw. ob dieser abbiegen möchte und seine Geschwindigkeit deshalb verlangsamte.

Überholen bei unklarer Verkehrslage: Diese Strafe droht

Überholen bei unklarer Verkehrslage kann teuer werden.
Überholen bei unklarer Verkehrslage kann teuer werden.

Setzt ein Fahrer trotz unklarer Verkehrslage zum Überholvorgang mit seinem PKW an, kann ein Unfall unvermeidbar sein. Daher werden Vergehen gegen die StVO in puncto unklare Verkehrslage streng geahndet.

Wird bei unklarer Verkehrslage mit dem PKW überholt, folgen darauf ein Bußgeld von 100 Euro und ein Punkt in Flensburg. Wird nicht nur die unklare Verkehrslage missachtet, sondern auch das vorliegende Überholverbot, werden bereits 150 Euro sowie ein Punkt fällig.

Eine zusätzliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer hebt die Strafen auf 250 Euro, zwei Punkte sowie ein einmonatiges Fahrverbot an. In besonders harten Fällen kann es laut § 315c StGB sogar zum Führerscheinentzug und einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren kommen.

Überholt ein Fahrer mit seinem Fahrzeug, obwohl eine unklare Verkehrslage sowie ein Überholverbot vorliegen und es kommt obendrein zu einem Unfall, muss er mit 300 Euro, zwei Punkten und ebenfalls einem Fahrverbot von einem Monat rechnen.

Über den Autor

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Thomas R.

Thomas hat einen Abschluss in Politikwissenschaften von der Universität Jena. Er gehört seit 2018 zum Team von bussgeldkatalog.org und verfasst News und Ratgeber zu verschiedenen Themen im Verkehrsrecht.

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4 Kommentare

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  1. Tom
    Am 28. März 2022 um 17:00

    Überholen in unklarer Verkehrslage, Überholverbot UND Unfall. Ergebnis 300 Euro, 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot. Soll das ein Witz sein? Ich würd mal eher sagen, 4 Jahre verschärfte haft, 5 Jahre ausschluss vor der Fahrprüfung. Erst DANN 2 Jahre Schulung und MPU. Weiterhin Fahrzeuge mit begrenzter Leistung, Sitzplätze und Gewicht.
    Das ist ja wohl ein Witz. Ganz Europa lacht über uns.

  2. Gerhard
    Am 15. November 2019 um 18:42

    Ich war im Ort auf einer Bundesstrasse , links in der Abbiegespur , in die Ortmitte , auf der rechten Fahrspur ,standen die Pkws , weil die Fußgängerampel rot zeigte, zwischendrin ist eine Sackgasse von rechts ,die Aussfahrt war frei ,allerdings stand am Anfang zur Einfahrt ein LKW
    Aus dieser Sackgasse kam ein SUV , da er keine Sicht hatte und mir auch die Vorfahrt nahm , kam es zum Unfall, ich fuhr langsam , weil ich ja nach links abbiegen wollte , beim Aufprall , stand ich , leider bremste er nicht , fur auch auch direkt nach dem Zusammestoss zurück, wo er hergekomen war. Was war hier von mir verkehrt , wo habe ich bei unklarer Verkehrslage überholt ??

  3. Sandra
    Am 21. Oktober 2019 um 8:36

    Ich habe an zwei langsam werdende Fahrzeugen vorbeifahren wollen, also bei unklarer Verkehrslage, wo allerdings kein Überholverbot vorlag, mit welcher Strafe muss ich rechnen? Und es ist dabei zum Unfall gekommen.

    • Frank L
      Am 8. Juni 2024 um 7:13

      Ich war mit meinem Fahrzeug innerorts unterwegs. Beim vorschriftsmäßigen links abbiegen in einer Straße hat mich ein 400cm Motorroller versucht zu überholen. Es kam zur Kollision. Die Polizeibeamten verhängten gegen den Rollerfahrer ein Bußgeld von 35 Euro. Eine Zeugin die alles beobachtet hatte, wurde von den Polizeibeamten wieder weg geschickt, weil der Rollerfahrer seinen Fehler zugegeben hatte. 5 Monate später bekam ich Post von der Gegenseite, daß ich die doppelte Rückschaupflicht verletzt hätte. Jetzt läuft der Prozess seit 2 Jahren. Also immer Vorsicht und alles genaustens dokumentieren lassen.

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