Verfolgungsverjährung in Deutschland: Welche Fristen gelten?
Letzte Aktualisierung am: 18. Juli 2024
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Wann können Ordnungswidrigkeit und Straftat nicht mehr verfolgt werden?
Die Verjährungsfristen spielen bei der Ahndung von Verkehrsverstößen eine wichtige Rolle: Sie bestimmen u. a., wie viel Zeit den Behörden bleibt, um gegen den Beschuldigten entsprechende Maßnahmen zu verhängen – aber auch bis wann rechtskräftige Strafen vollstreckt werden können. Für Verkehrssünder von besonderem Interesse ist dabei die Verfolgungsverjährung. Ist diese nämlich bereits bei Erlass des Bußgeldbescheids abgelaufen, kann das einen erfolgreichen Einspruch gegen diesen begründen. Aber welche Fristen gelten bei einer Ordnungswidrigkeit bezüglich der Verfolgungsverjährung? Sind im Strafrecht andere Fristen angesetzt? Wir geben einen Überblick!
Übersicht: Verfolgungsverjährung gemäß OWiG & StGB
im Höchstmaß angedrohte Sanktion | Verfolgungsverjährung |
---|---|
Ordnungswidrigkeitenrecht (vgl. § 31 OWiG) | |
... Geldbuße über 15.000 € | 3 Jahre |
... Geldbuße bis 15.000 € | 2 Jahre |
... Geldbuße bis 2.500 € | 1 Jahr |
... Geldbuße bis 1.000 € | 6 Monate |
... Verkehrsordnungswidrigkeiten* | 3 Monate |
Strafrecht (vgl. § 78 StGB) | |
... lebenslange Freiheitsstrafe** | 30 Jahre |
... Freiheitsstrafe von mehr als 10 Jahren | 20 Jahre |
... Freiheitsstrafe von mehr als 5 Jahren | 10 Jahre |
... Freiheitsstrafe von mehr als 1 Jahr | 5 Jahre |
... Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr | 3 Jahre |
* Ausgenommen Alkohol- und Drogenverstöße und nur dann, wenn kein Bußgeldbescheid erlassen wurde ** Ausgenommen Mord (§ 211 StGB), der nie verjährt |
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Verfolgungsverjährung
Wann bei Ordnungswidrigkeiten und Straftaten die Verfolgungsverjährung eintritt, können Sie unserer Tabelle entnehmen.
Ist die Verfolgungsverjährung eingetreten, kann eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit nicht mehr geahndet werden.
Erhalten Sie einen Bußgeldbescheid mit Sanktionen für eine Ordnungswidrigkeit, die verjährt ist, können Sie einen Einspruch einlegen.
Im Video: Die (Verfolgungs)verjährung im Überblick
Wann tritt die Verjährung für die Verfolgung von Zuwiderhandlungen ein?
Ist die Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verjährt, können die Behörden gegen den Beschuldigten in der Regel keinen Maßnahmen mehr ergreifen. Er kommt gewissermaßen straffrei bzw. bußgeldfrei davon. Wird dennoch nach Ablauf der Verfolgungsverjährung ein Bußgeldbescheid oder eine Klage erhoben, kann sich aus dem Ablauf der eingetretenen Verjährung ein Grund für eine erfolgreiche Anfechtung ergeben. Bei den Fristen ist jedoch zu unterscheiden, ob ein Verstoß gegen das Straf- oder das Ordnungswidrigkeitenrecht vorliegt.
Die Verfolgungsverjährung richtet sich dabei stets nach dem Höchstmaß der gesetzlich angedrohten Sanktion, nicht nach der im Einzelfall tatsächlich verhängten Strafe. Die Fristen unterscheiden sich jedoch je nach anzuwendender Gesetzesgrundlage, vom Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) über das Strafgesetzbuch (StGB) bis hin zum Straßenverkehrsgesetz (StVG).
Verfolgungsverjährung einer Ordnungswidrigkeit (OWi)
Ordnungswidrigkeiten können grundsätzlich nicht nur im Straßenverkehr begangen werden, sondern zum Beispiel auch im Bereich des Daten- oder Umweltschutzes. Grundlage für die Verjährungsfristen bei der Verfolgung jeglicher Ordnungswidrigkeit bildet das Ordnungswidrigkeitengesetz. In § 31 OWiG tritt die Verfolgungsverjährung in Abhängigkeit zu der im Höchstmaß möglichen Geldbuße ein, nämlich nach …
- drei Jahren bei angedrohten Geldbußen über 15.000 Euro
- zwei Jahren bei angedrohten Geldbußen bis 15.000 Euro
- einem Jahr bei angedrohten Geldbußen bis 5.000 Euro
- sechs Monaten bei Geldbußen bis 1.000 Euro
Sollte ein Bescheid nach Ablauf der Verjährung zugestellt werden, kann dies sogar den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid begründen. Aber Achtung: Die Frist zur Verfolgungsverjährung kann einmalig unterbrochen werden!
Verfolgungsverjährung gemäß OWiG: Unterbrechung einmalig möglich
Bei der Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten stehen den Behörden unterschiedliche Maßnahmen zur Verfügung. Einige dieser Vorgänge können die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung bewirken, d. h. die Verjährungsfrist beginnt ab der Unterbrechung von Neuem. Die häufigste Maßnahme, die eine solche Unterbrechung in einem Bußgeldverfahren bewirkt, ist die Erstellung eines Anhörungsbogens, der an den Beschuldigten übersandt wird.
Nach § 33 OWiG können neben der Anhörung im Bußgeldverfahren jedoch auch weitere Vorgänge die Verfolgungsverjährung unterbrechen, u. a.:
- richterliche Vernehmung des Betroffenen oder von Zeugen
- Beauftragung eines Sachverständigen
- Anordnung zur Beschlagnahme oder Durchsuchung
- vorläufige Verfahrenseinstellung
- Erlass des Bußgeldbescheids (bei Zustellung innerhalb von zwei Wochen)
- Erhebung einer öffentlichen Klage
Im Übrigen: Die Übersendung von einem Zeugenfragebogen unterbricht die Verfolgungsverjährung gegenüber dem Tatfahrer in aller Regel nicht.
Wann tritt die Strafverfolgungsverjährung ein?
Verkehrssünder können bei Verstößen im Straßenverkehr jedoch nicht nur wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit belangt werden. Es gibt einige Zuwiderhandlungen, die Straftatbestände erfüllen. In diesen Fällen kommen andere Fristen bei der Verfolgungsverjährung zum Tragen, die sich aus dem Strafgesetzbuch ergeben. Mögliche Verkehrsstraftaten, auf die das StGB oder alternativ auch das StVG Anwendung findet, sind insbesondere:
- Unfallflucht
- Fahren ohne Fahrerlaubnis
- Teilnahme an einem illegalen Autorennen
- Trunkenheitsfahrt
- Gefährdung des Straßenverkehrs
- fahrlässige Körperverletzung oder gar Tötung
- Nötigung
Sie wissen nicht, ob Ihnen eine Verkehrsordnungswidrigkeit oder eine Straftat zur Last gelegt werden kann? In der folgenden Infografik erhalten Sie einen Überblick über die Unterschiede zwischen OWi und Straftat:
Es fehlt mir noch eine Aussage, ab wann die Unterbrechung durch Zusendung eines Anhörungsbogens beginnt. Gilt dies per se ab Briefdatum (manipulierbar für Behörden) oder ab Zustellung? Die Zustellung erfolgt üblicherweise in einfacher Zustellung mit Fiktionsberechnung drei Tage ab Briefdaum. Was aber, wenn diese nicht nachweisbare Zustellung als Adressat eines später formell zugestellten Bußgeldbescheids als nicht erhalten zurückgewiesen wird und die Verfolgungsverjährung VOR der Zustellung des Bußgeldbescheids eingetreten ist? Konkret geht es um en Tattag 06.04. mit Verfolgungsverjährug mit Ablauf des 05.07., bei dem der Anhörungsbogen erst am 03.07. mit einfacher Zustelung zuging und als nicht erhalten zurückgewiesen werden kann, wer sich nicht verbal oder schriftlich verrät.