Vollstreckung ausländischer Bußgelder: Wann müssen Sie zahlen?
Letzte Aktualisierung am: 12. September 2024
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Bußgeld aus dem Ausland: Ist eine Vollstreckung überhaupt möglich?
Andere Länder, andere Verkehrsregeln – wer im Ausland mit dem Auto unterwegs ist, sollte sich immer bewusst sein, dass die dort geltenden Vorschriften im Straßenverkehr sich deutlich von denen hierzulande unterscheiden können. Wenn Sie sich vor der Einreise nicht über die Promillegrenzen, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Überholvorschriften im Ausland informieren, können Sie sonst schnell ein Bußgeld aufgebrummt bekommen. Und zwar eines, das wehtut, denn in vielen anderen Ländern werden Verkehrsverstöße erheblich strenger geahndet als bei uns in Deutschland.
Aber können die ausländischen Behörden die Bußgelder überhaupt in Deutschland eintreiben? Grundsätzlich ist eine Vollstreckung ausländischer Bußgeldbescheide immer möglich – doch ob diese auch in Deutschland durchgesetzt werden kann, hängt von verschiedenen Umständen ab. Vor allem das Land, in dem der Verkehrsverstoß begangen wurde, ist hier ausschlaggebend. Im Folgenden verraten wir Ihnen, wann die Vollstreckung ausländischer Bußgelder hierzulande möglich ist.
Inhaltsverzeichnis:
FAQ: Vollstreckung im Ausland
Bußgelder aus dem Ausland können in Deutschland nur eingefordert werden, wenn ein Vollstreckungsabkommen besteht. Ist dies nicht der Fall, ist eine Vollstreckung nicht möglich.
Deutschland hat den Beschluss in Bezug aus das EU-Vollstreckungsabkommen in nationales Recht umgesetzt. Somit können Bußgelder aus der EU eingefordert werden. Mit Österreich besteht ein separates Abkommen.
Das sollte gut überlegt sein. Nicht bezahlte Bußgelder können innerhalb der ausländischen Verjährungsfrist bei einer erneuten Einreise zu Problemen führen.
Aus welchen Ländern Europas ist die Vollstreckung ausländischer Bußgelder möglich?
Wer noch vor 10 Jahren einen Bußgeldbescheid aus seinem letzten Urlaubsland im Briefkasten vorfand, hatte nicht viel zu befürchten. Egal ob es sich um einen Parkverstoß in den Niederlanden, eine Geschwindigkeitsüberschreitung in Frankreich oder einen Rotlichtverstoß in Polen handelte – eine Vollstreckung ausländischer Bußgelder in Deutschland war schlichtweg nicht möglich, weshalb der Verkehrssünder das Schreiben einfach ignorieren konnte.
Diese Zeiten sind jedoch vorbei, zumindest wenn es sich um Verkehrsverstöße innerhalb der EU handelt. Dafür sorgt der sog. „EU-Rahmenbeschluss über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen“. Dieses Abkommen legt fest, dass sowohl Straftaten als auch Ordnungswidrigkeiten, die in einem EU-Land begangen wurden, vollstreckt werden können, wenn der Täter seinen Wohnsitz in einem anderen EU-Land hat.
In Deutschland wurde der Beschluss am 28. Oktober 2010 umgesetzt. Seitdem ist eine Vollstreckung ausländischer Bußgelder auch bei uns möglich, wenn die Tat in einem der folgenden Länder begangen wurde:
Wie funktioniert die Vollstreckung ausländischer Bußgelder in Deutschland?
Ein Bußgeld aus dem EU-Ausland wird nicht automatisch vollstreckt, sondern nur auf Ersuchen des Tatlandes beim deutschen Bundesamt für Justiz. Dieses prüft, ob der ausländische Bußgeldbescheid rechtskräftig ist, und sendet ihn dann an den Täter weiter. Diese Schreiben sind oftmals auf Deutsch verfasst.
Es kann passieren, dass eine ausländische Behörde darauf verzichtet, das Bußgeld in Deutschland einzutreiben, obwohl sie das Recht dazu hätte. Dafür gibt es meist zwei Gründe: Zum einen bedeutet die Vollstreckung ausländischer Bußgelder oft einen hohen Verwaltungsaufwand, den sich die Behörden nicht antun möchten. Zum anderen landen die vom Bundesamt für Justiz eingezogenen Beträge in der deutschen Staatskasse, nicht in der des Tatlandes. Der Gedanke dahinter ist, dass das Bußgeld in erster Linie als Strafe für den Verkehrssünder dienen soll und nicht als Einnahmequelle irgendeines Landes (auch wenn in der Öffentlichkeit oft eine andere Meinung diesbezüglich herrscht). Demnach ist es egal, in wessen Staatskasse das Bußgeld landet.
Vollstreckung ausländischer Bußgelder: die Bagatellgrenze innerhalb der EU
Ein Bußgeld in einem anderen Land zu vollstrecken, ist vergleichsweise aufwendig. Damit sich die Mühe auch lohnt, sieht der EU-Beschluss eine Bagatellgrenze von 70 Euro einschließlich der Verfahrenskosten vor. Eine Geldsanktion, die unterhalb dieser Grenze liegt, wird demnach trotz des Abkommens außerhalb des Tatlandes nicht vollstreckt.
Können andere Strafen außer Bußgelder in Deutschland vollstreckt werden?
Wohlgemerkt ist in der gesamten EU nur eine Vollstreckung ausländischer Bußgelder möglich, nicht aber eines ausländischen Fahrverbots. Auch können für Verkehrsverstöße, die im Ausland begangen werden, keine Punkte in Flensburg verhängt werden.
Wohlgemerkt kann aber eine Haftstrafe vollstreckt werden, zumindest nach Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart. Dieses beschloss im April 2018, dass eine in der Schweiz verhängte Haftstrafe gegen einen deutschen Autofahrer auch hierzulande vollstreckbar sei (Az. 1 Ws 23/18). Der Beschuldigte hatte sich in der Schweiz einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung schuldig gemacht, welche dort als Straftat gewertet wurde. Da ein derart drastischer Verstoß gegen das Tempolimit auch in Deutschland geahndet würde, sei die Vollstreckung der schweizerischen Haftstrafe nicht unverhältnismäßig für den Betroffenen, entschied das Gericht.
Können auch Bußgelder aus einem Nicht-EU-Land vollstreckt werden?
Ohne entsprechendes Abkommen ist eine Vollstreckung ausländischer Bußgelder in Deutschland nicht möglich. Daher können Geldsanktionen aus Nicht-Mitgliedsstaaten der EU hierzulande nicht eingetrieben werden.
Sofern Sie sich nicht moralisch dazu verpflichtet fühlen, die Strafe für Ihren Verkehrsverstoß zu zahlen, können Sie einen solchen Bußgeldbescheid also tatsächlich ignorieren – vorausgesetzt, Sie planen keine erneute Einreise in das Land.
Denn in diesem Fall ist es ratsam, das Bußgeld freiwillig zu zahlen. Andernfalls kann es vollstreckt werden, wenn Sie das Land erneut betreten. Zum Teil können dann hohe Gebühren und Verwaltungskosten anfallen, die Sie zusätzlich zahlen müssen. Je nach Land und Art des Verstoßes sind auch noch andere Strafen möglich.
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Darf die Türkei in Deutschland vollstrecken?
So wie ich es verstehe, sollte, zb., Venedig, keine offizielles Bußgelder anfordern oder verlangen. Wenn der Kfz Besitzer einen Brief direkt ins Haus bekommt, bsw per Einschreibung dann hat der Justiz Deutschland, sämtliche Daten ausgehändigt und dabei der Bußgeldstrafe bewilligt. Stimmt das oder sollte man warten bis der Bußgledstelle hierzulande sich meldet?
Das Gefühl habe ich das Italien versucht Geld direkt einzutrieben mit Drohungen auf weitere Verfolgung und noch teuerer Endergebnisse. Also, der alte Masche von fast jeder Administration.
Habe am 22.03.19 einen Bußgeldbescheid aus Tschechien über 2000 Kr bekommen (Geschwindigkeit). Begangen wurde der Verstoß am 13.05.18. Wann verjährt der Bescheid?
Muss der Bescheid in deutscher Sprache verfasst sein?