Wann ist ein beschädigtes Auto als ein Unfallwagen zu deklarieren?

Von Thomas R.

Letzte Aktualisierung am: 19. August 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Ist Ihr Unfallfahrzeug von einer Wertminderung betroffen?

Wann genau ist ein Auto ein Unfallwagen? Das lesen Sie hier in unserem Ratgeber!
Wann genau ist ein Auto ein Unfallwagen? Das lesen Sie hier in unserem Ratgeber!

Wenn Sie im Straßenverkehr mit einem anderen Fahrzeug kollidiert sind, hat Ihr Auto sicher den ein oder anderen Schaden davongetragen. Das reißt normalerweise kein Loch in Ihr Budget, wenn Ihre Kaskoversicherung beziehungsweise die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners für die Reparatur der Unfallschäden aufkommt. Einen neuen Wagen müssen Sie nur finanzieren, wenn es sich um einen Totalschaden handelt.

Eine Reparatur kann dafür sorgen, dass der Wagen wieder voll funktioniert und auf den ersten Blick ordentlich aussieht. Doch was ist, wenn Sie das Fahrzeug eines Tages verkaufen wollen? Sie machen sich Sorgen darüber, dass Sie für es weniger Geld bekommen, weil es einst in einen Unfall verwickelt war.

Ab wann ist ein beschädigtes Auto als ein Unfallwagen anzusehen, der beim Verkauf geringere Erlöse bringt als ein vergleichbarer Gebrauchtwagen? Was ist ein Unfallwagen auf dem Gebrauchtwagenmarkt wert und welche Urteile fällten deutsche Gerichte zu diesem Thema? Das erfahren Sie in unserem Ratgeber.

FAQ: Ab wann ist mein Auto ein Unfallwagen?

Muss ich mein Auto schon nach einem kleinen Lack- oder Blechschaden als Unfallwagen deklarieren?

Ein Unfall, der am Wagen nur Kratzer nach sich zieht, muss nicht angegeben werden. Aber bereits ein Blechschaden ist mitteilungspflichtig.

Warum muss ich einen Unfallwagen überhaupt als solchen angeben?

Die Deklaration als Unfallwagen spielt eine Rolle für den Wert und führt zu einer entsprechenden Wertminderung des Fahrzeugs, die bei einem Verkauf von Bedeutung ist.

Was passiert, wenn ich einen Schaden nicht angebe?

In so einem Fall kann der Käufer von seinem bereits unterschriebenen Kaufvertrag zurücktreten. Alternativ kann auch ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen. Das gilt selbst, wenn Sie als Verkäufer eine Gewährleistung ausgeschlossen haben.

Ab wann ist ein Auto ein Unfallwagen? Mögliche Definition

Ab wann ist ein Auto als ein Unfallwagen zu deklarieren? Wann ist es unfallfrei?
Ab wann ist ein Auto ein Unfallwagen? Wann gilt ein Fahrzeug als unfallfrei?

“Wann ist ein beschädigtes Auto ein Unfallwagen?” fragen Sie sich, wenn Ihr Fahrzeug in einen Unfall verwickelt war und Sie es eines Tages für möglichst viel Geld verkaufen wollen. Dazu gibt es zwei verschiedene Ansichten:

  • Nach grober Definition ist ein Unfallfahrzeug jeder Wagen, der mindestens einmal durch äußere Einwirkung beschädigt worden ist, unabhängig davon, wie groß der Schaden ausfällt. Solche Fahrzeuge werden auch als “nicht unfallfrei” bezeichnet.
  • In der Praxis jedoch wird eine genauere Definition für einen Unfallwagen verwendet, nach der es sich nur dann um ein Unfallfahrzeug handelt, wenn der erlittene Schaden über ein bestimmtes Maß hinausgeht. Dabei ist es möglich, dass ein Fahrzeug bei kleinen Schäden zwar nicht unfallfrei ist, jedoch noch nicht als Unfallwagen gilt.

Was ist ein relevanter Unfallschaden?

Diese Frage klärte unter anderem der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 10.10.2007 (VII ZR 330/06). Demnach muss ein Autoverkäufer potenzielle Käufer über jeden Unfallschaden aufklären, der über einen “Bagatellschaden” hinausgeht. Bagatellschäden sind nach Ansicht des BGH nur “ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden”. Mit solchen Schäden müsse der Käufer eines Gebrauchtwagens rechnen und diese hinnehmen, weshalb sie nicht mitteilungspflichtig seien.

Wann genau es sich um einen Unfallwagen handelt, hängt also davon ab, ob ein Unfallschaden als unüblich angesehen wird oder nicht. Ein mitteilungspflichtiger Unfallschaden nach BGH-Definition liegt bereits dann vor, wenn ein Auto bei einem Unfall Blechschäden davongetragen hat, auch wenn diese noch so gering sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Schäden fachgerecht repariert wurden oder nicht. Sie gelten in jedem Fall als ein Sachmangel nach § 434 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der möglichen Käufern bekannt gemacht werden muss und zur Wertminderung führen kann.

Das Urteil des BGH gilt derzeit als Richtlinie, um die Frage: “Wann ist ein beschädigtes Auto als ein Unfallwagen zu deklarieren?” für konkrete Fälle zu beantworten. Aber auch andere Gerichte in Deutschland fällten zu dieser Frage Urteile, welche im letzten Abschnitt zusammengefasst sind.

Die rechtliche Grundlage für die Definition von einem Unfallschaden ist der § 434 des BGB zum Thema “Sachmangel”. Laut § 434 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 BGB ist eine Ware dann frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die “gewöhnliche Verwendung eignet” und eine “Beschaffenheit aufweist”, welche bei vergleichbaren Waren als üblich gilt.

Ab wann muss ein Wagen als Unfallwagen deklariert werden?

Nach einer Kollision fragen sich viele Leute: „Wann ist ein Auto ein Unfallwagen?“
Nach einer Kollision fragen sich viele Leute: „Wann ist ein Auto als ein Unfallwagen zu bezeichnen?“

Wenn Sie Ihr Fahrzeug verkaufen wollen, obwohl dieses einen Unfall hatte, müssen Sie aufpassen, dass Sie keinen Unfallschaden verschweigen. Zwischen einem üblichen Bagatellschaden und einem meldepflichtigen Unfallschaden liegt oft ein schmaler Grat.

Ob Sie den Begriff Unfallwagen verwenden müssen, entscheidet über den Preis, den Sie mit dem Fahrzeug erzielen können. Das Stigma „Unfallfahrzeug“ sorgt dafür, dass ein Verkäufer für das Auto nur noch einen Bruchteil vom Preis eines vergleichbaren Fahrzeuges ohne dunkle Vergangenheit verlangen kann.

Die Frage “Wann ist ein bereits beschädigtes Auto als ein Unfallwagen zu deklarieren?” kann Ihnen oft nur ein Experte beantworten, der sich mit dem Verkauf von gebrauchten Autos auskennt. Ein seriöser Gebrauchtwagenhändler kann entscheiden, welche Unfallschäden er potenziellen Kunden ungefragt mitteilen muss und welchen Preis er für Ihr Auto verlangen kann.

Ein Unfallwagen wird Ihnen weniger Geld einbringen als ein Fahrzeug ohne größere Schäden. Von daher können Sie den Betrag, den Ihr Auto nach einem Unfall weniger wert ist, ebenfalls als Schadenersatz von dem Verursacher der Kollision fordern. Diese Wertminderung nennt sich merkantiler Minderwert.

Auch wenn ein Gebrauchtwagen den Titel „unfallfrei“ führen darf, heißt das nicht, dass er frei von jeglichen Schäden und Reparaturen ist. Es kann sein, dass das Fahrzeug von Rost befallen ist oder mit mehreren Jahren auf der Felge unter normalem Verschleiß leidet. So etwas gilt nicht als Unfallschaden.

Was passiert, wenn ein Gebrauchtwagen nicht als Unfallfahrzeug deklariert wird?

Die wichtige Frage bei einem Unfallwagen ist: Ab wann muss der Verkäufer dem Kunden von dem Unfall erzählen?
Die wichtige Frage bei einem Unfallwagen ist: Ab wann muss der Verkäufer dem Kunden von dem Unfall erzählen?

Haben Sie oder Ihr Gebrauchtwagenhändler es versäumt, ein Unfallfahrzeug trotz erheblicher Schäden als ein solches auszuweisen, darf der Käufer auch dann vom Kauf zurücktreten, wenn er bereits einen entsprechenden Vertrag unterschrieben hat. Dies gilt selbst dann, wenn im Vertrag jede Gewährleistung ausgeschlossen ist.

Es kann nämlich sein, dass der Käufer von einem Unfallschaden erst dann erfährt, wenn er den Wagen in einer Werkstatt untersuchen lässt. Dann kann er nachträglich vom Verkäufer Schadensersatz fordern oder veranlassen, dass dieser den Wagen gegen den Kaufpreis wieder zurücknehmen muss. Wenn ein Unfallschaden absichtlich verschwiegen wurde, ist es sogar möglich, den Verkäufer wegen Betrugsversuchs anzuzeigen.

Was ist ein relevanter Unfallschaden nach Ansicht der Rechtsprechung?

Mehrere Gerichte widmeten sich während der letzten Jahre in Deutschland der Frage: „Ab wann ist ein beschädigtes Auto als ein Unfallwagen zu deklarieren?“ Hier finden Sie die wichtigsten Urteile dazu:

DatumJahrGe­richtUr­teilArt des Scha­densUn­fall­wa­gen?
15.12.20142014O­ber­lan­des­ge­richt HammI-2 U 97/ 14Fach­män­nisch nach­lack­ier­te Be­schä­digung des Lacksnein
26.6.20082008O­ber­lan­des­ge­richt Bran­den­burg12 U 236/ 07Groß­flä­chi­ge und tie­fe Ein­del­lung an rech­ter Schie­be­türja
10.10.20072007Bun­des­ge­richts­hofVII ZR 330/ 06Ka­ros­se­rie­scha­den an Tür und hin­te­rem Sei­ten­teil, un­fach­män­nisch re­pa­riertja (we­gen ent­stan­de­nem Scha­den, nicht we­gen schlech­ter Re­pa­ra­tur)
1.2.20052005Land­ge­richt Karls­ru­he8 O 614/ 04Sei­ten­wand hin­ten links er­setzt und lin­ke Vor­der­tür neu lack­iertja
17.12.20032003O­ber­lan­des­ge­richt Ros­tock6 U 227/ 02Zwei Kot­flü­gel (vor­ne und hin­ten rechts) aus­ge­tauscht und neu lack­iertja

Über den Autor

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Thomas R.

Thomas hat einen Abschluss in Politikwissenschaften von der Universität Jena. Er gehört seit 2018 zum Team von bussgeldkatalog.org und verfasst News und Ratgeber zu verschiedenen Themen im Verkehrsrecht.

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7 Kommentare

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  1. Detlef L
    Am 11. Januar 2023 um 17:58

    Die Regressrechte eines Käufers, je nach Mangel (versteckt bzw. verdeckt, Rücktritt, Schadenersatz) müssten differenzierter und detaillierter auch im Hinlick auf Privat- bzw. gewerblichen Verkauf dargestellt werden.

  2. Falk
    Am 23. Dezember 2022 um 11:20

    Schön, dass es solche Urteile gibt. Auch gut, dass man sich auf diese Urteile stützen kann und dass man gewissermaßen eine Richtlinie hat, um sich daran zu orientieren.
    Warum wird nicht eindeutig festgehalten, dass es grundsätzlich in jedem Kaufvertrag stehen muss, ob es ein Unfallwagen ist oder nicht, also eine klare Formulierung: UNFALLWAGEN! UND wie hoch die bisherigen Schadenssummen waren! Dieses muss in jedem Verkaufsprospekt stehen meiner Meinung nach, so können Missverständnisse im Nachgang komplett ausgemerzt werden.

  3. S. Rummel
    Am 24. Juni 2022 um 10:57

    Hallo, ich bin mit meinen Fahrrad umgefallen und habe mich an meinen parkenden Auto festgehalten. Dadurch habe ich mir die Motorhaube und den Radkasten eingedrückt. In der Werkstatt wurde festgestellt das beide Teile komplett ausgetauscht werden müssen. Der Werkstattleitter hat kurz angesprochen, das es sich jetzt wohl um ein Unfallwagen handeln würde ?? Aber ich hatte doch gar keinen Unfall???
    Wie kann ich das prüfen lassen ?? Oder wer kann mir da weiterhelfen?

    • Detlef L
      Am 11. Januar 2023 um 18:07

      Das Auto wurde in seiner Subtanz mehr als unerheblich durch ein Ereigniss und somit mehr als bagatell geschädigt. Wer den Schaden verursacht hat, ist in in Bezug zu Besitz- bzw- Eigentumsverhältnissen nicht von Belang, entscheidend ist die Schwere das Schadens.

  4. Marcel F
    Am 31. Dezember 2020 um 9:41

    Hallo ich hatte auch letztens einen Auto Unfall gehabt meine gegen Mandantin ich von der 30 Zone schnell runter gefahren gekommen zu erst war nichts zusehen dann dachte ich hätte freie Fahrt das waren nur noch millie Sekunden gewesen dann war die Frau plötzlich mit ihrem suv da es kann sich doch kein großes Auto überschlagen es kann nur sein das sie angerasst gekommen seien und vorne links also Auto totalschaden ist ich bin ganz langsam von der andere Straße steie für gerade raus raus gefahren und sie nimmt vorne alles mit Auto ist nicht mehr zu machen das war am 16. November 2020 gegen 11 Uhr und weiß nun nicht wie es weiter geht habe Anwalt eingeschaltet

  5. Clemens
    Am 1. November 2019 um 18:29

    Hallo ,ich habe im Mai diesen Jahres einen Opel Meriva B Bauj 2012 von einem Opelhändler gekauft.Ich habe mir jetzt eine Anhängerkupplung nachrüsten lassen ,dort wurde festgestellt das der Bumper (Alu) unter der hinteren Stoßstange eingedrückt ist. Die Werkstatt die mir die Anhängerkupplung montiert hat meinte das es schon eine größere Beschädigung gegeben haben muss ,weil nach seiner Beurteilung großflächiger nach lackiert worden sein soll.Der Opelhändler hat nichts von einem Unfall erwähnt ,wie soll ich mich denn jetzt verhalten?

    MfG C

  6. Heiir
    Am 23. Juli 2019 um 13:51

    Schwieriges Thema sehr gut dargestellt😃

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